Direkt zum Inhalt wechseln

Ausgangslage und Sachverhalt

Der Fall betraf eine Patentanmeldung für einen neuartigen Lebensmittelbehälter (Patentanmeldung CH000408/2021), dessen Design und technische Lösung — so der Antragsteller — durch das KI-System DABUS autonom generiert worden sei. In der PCT-Anmeldung war DABUS als alleinige „Erfinderin“ benannt. Als das nationale Verfahren beim Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eröffnet wurde, forderte dieses eine natürliche Person als Erfinder: Nur natürliche Personen könnten im Patentregister eingetragen werden. Die Anmeldung wurde abgelehnt. Der Antragsteller erhob daraufhin Beschwerde — mit dem Ziel, DABUS trotzdem als Erfinderin eintragen zu lassen, das Patent ohne Erfindernennung oder alternativ sich selbst als Erfinder nennen zu können.

 

Entscheidung des BVGers

Mit Urteil vom 26. Juni 2025 im Verfahren B-2532/2024 bestätigte der BVGer die Ablehnung der „KI‑Erfinderin“. Das Gericht hielt fest, dass der Begriff des „Erfinders“ im schweizerischen Patentrecht nur auf eine natürliche Person anwendbar sei. Ein System wie DABUS, unabhängig von seinem Autonomiegrad, könne nicht in dieses Rechtsinstitut eingetragen werden. Damit folgte das Gericht der bisherigen nationalen und internationalen Praxis.

Gleichzeitig pragmatisierte der BVGer: Die Beschwerde wurde in einem Teilpunkt aber gutgeheissen — nämlich in der Sub‑Hilfsantragstellung. Wer im KI-Prozess mitgewirkt hat (z.B. durch Training, Datenaufbereitung oder Ergebnisselektion), die von der KI generierte Erfindung erkennt und die Schutzanmeldung einreicht, kann als Erfinder gelten. Auf dieser Basis ordnete der BVGer an, dass die Patentprüfung mit dem Antragsteller selbst als Erfinder weiterzuführen ist.

 

Juristische Grundlagen

Obwohl das schweizerische Patentrecht (konkret das Patentgesetz (PatG) sowie die zugehörige Verordnung) den Begriff „Erfinder“ nicht ausdrücklich definiert, ergibt sich nach Ansicht des BVGer aus dem Wortlaut sowie aus Vertragssystemen wie dem European Patent Convention (EPC), dass mit „Erfinder“ eine natürliche Person gemeint ist. Die historische Gesetzgebung hätte bei einer anderen Intention ausdrücklich eine Regelung für nicht‑menschliche Erfinder vorsehen müssen — ein solcher Vorbehalt fehlt.

Weiter betonte das Gericht, dass KI-Systeme — anders als Menschen — nicht über die für die Erfindung typischerweise vorausgesetzte geistige Kreativität, Bewusstseins‑ oder Persönlichkeitsrechte verfügen. Damit fehle es an der erforderlichen Rechtsfähigkeit, um als Erfinder anerkannt zu werden.

 

Analyse und Bedeutung des Urteils

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht von erheblicher Bedeutung und sendet mehrere zentrale Signale an die Praxis. Es schafft in erster Linie Rechtssicherheit im Bereich des geistigen Eigentums, indem es eindeutig klarstellt, dass eine künstliche Intelligenz nicht als Erfinder anerkannt werden kann. Diese Klarstellung beseitigt bestehende Unsicherheiten für Unternehmen und Einzelpersonen, die KI-Systeme in ihren Innovationsprozessen einsetzen. Künftig muss – unabhängig von der technischen Rolle der KI – von Beginn an eine natürliche Person als Erfinder benannt werden.

Besonders hervorgehoben wird dabei die zentrale Rolle des Menschen bei KI-gestützten Erfindungen. Der Fokus liegt nicht auf der technischen Fähigkeit eines Systems, Erfindungen hervorzubringen, sondern auf dem kreativen und rechtlich relevanten Beitrag, der von einer natürlichen Person geleistet werden muss. Dazu zählen etwa das Trainieren der KI, die Auswahl geeigneter Datensätze oder das Erkennen und Einordnen der von der KI generierten Ergebnisse als schutzfähige Erfindung.

Darüber hinaus stärkt das Urteil das Prinzip der Rechtsfähigkeit und den Schutz persönlicher geistiger Leistung. Der Erfinderschutz im Patentrecht ist untrennbar mit der Idee einer individuellen, schöpferischen Leistung verbunden – ein Konzept, das auf Maschinen oder KI-Systeme nicht übertragen werden kann. Diese Sichtweise entspricht der herrschenden Rechtsauffassung und reflektiert den aktuellen Stand in der Rechtsprechung anderer Staaten sowie bei den grossen internationalen Patentämtern.

 

Die Entscheidung steht somit auch im Einklang mit der internationalen Entwicklung, insbesondere mit vergleichbaren Urteilen in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Australien und bei internationalen Behörden wie dem Europäischen Patentamt. Weltweit zeigt sich eine klare Tendenz: Eine KI mag bei der Ideenfindung unterstützen – doch der rechtliche Erfinderschutz bleibt dem Menschen vorbehalten.

Für Unternehmen, Start-ups, Forschungseinrichtungen und Patentberater ergeben sich daraus konkrete praktische Konsequenzen. Zunächst müssen Patentstrategien entsprechend angepasst werden. Wer KI-Systeme nutzt, um neuartige technische Lösungen zu entwickeln, hat frühzeitig sicherzustellen, dass eine natürliche Person als Erfinder benannt wird. Diese Person sollte einen klar dokumentierten Beitrag zum Entstehungsprozess der Erfindung leisten – etwa durch Datenauswahl, Steuerung der KI oder die Bewertung der generierten Ergebnisse.

 

Gleichzeitig ist es erforderlich, Innovationsprozesse und interne Abläufe so zu strukturieren, dass der menschliche Beitrag nachvollziehbar bleibt. Unternehmen sollten etwa systematisch dokumentieren, wer die KI trainiert hat, wer den Output analysierte und wer schliesslich die schutzfähige Idee identifiziert und zur Anmeldung brachte. Eine sorgfältige Dokumentation kann spätere Nachfragen durch Behörden oder Dritte erleichtern und rechtliche Risiken minimieren.

Auch vertragliche Regelungen sollten entsprechend ausgestaltet werden. In Lizenz-, Kooperations- oder Übertragungsverträgen mit Bezug zu KI-generierten Ergebnissen sollte ausdrücklich geregelt sein, wer als Erfinder gilt, wem die Rechte zustehen und wie etwaige Mitwirkende beteiligt werden. Hier bedarf es neuer Standardklauseln, die sowohl die rechtliche als auch die technische Komplexität KI-gestützter Entwicklungen abbilden.

 

Schliesslich ist es empfehlenswert, die gesetzgeberische und gerichtliche Weiterentwicklung aufmerksam zu beobachten. Zwar ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts derzeit massgeblich – ein Weiterzug ans Bundesgericht ist jedoch möglich. Auch könnten gesetzgeberische Reaktionen folgen, sollte sich die technologische Entwicklung weiter beschleunigen oder bestehende rechtliche Strukturen als unzureichend empfunden werden. Unternehmen und Rechtsberater sind daher gut beraten, diese Entwicklungen eng zu verfolgen und ihre IP-Strategien entsprechend anzupassen.

 

Quellen

Hinweis: mit KI überarbeitet