Direkt zum Inhalt wechseln

Der neue Designrechtsvertrag der WIPO soll die internationale Anmeldung von Designs massiv vereinfachen. Für Schweizer Unternehmen bedeutet das: weniger Bürokratie, einheitlichere Standards und bessere Chancen auf globalen Märkten. Gerade für exportorientierte KMU kann das neue System ein echter Game-Changer sein.

Bundesrat gibt grünes Licht für den Designrechtsvertrag

Am 13. Juni 2025 hat der Bundesrat den Beitritt der Schweiz zum Design Law Treaty (DLT) beschlossen. Das internationale Abkommen wurde im November 2024 an der Diplomatischen Konferenz in Riad von den Mitgliedstaaten der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) verabschiedet. Mit dem DLT wird ein neuer völkerrechtlicher Rahmen geschaffen, der die formalen Anforderungen an Designanmeldungen international vereinheitlicht. Ziel ist es, ein kohärentes, rechtssicheres und effizientes System zu schaffen, das insbesondere Unternehmen mit grenzüberschreitender Tätigkeit den Schutz ihrer Gestaltungen erleichtert.

Der DLT reiht sich ein in eine Reihe von WIPO-Verträgen, die ähnliche Funktionen im Patent- und Markenrecht bereits erfüllen: der Patent Law Treaty (PLT) von 2000 und der Trademark Law Treaty (TLT) von 1994. Während diese Rechtsbereiche bereits über international harmonisierte Verfahrensstandards verfügen, war das Designrecht bislang weitgehend fragmentiert. Der DLT schliesst diese Lücke und schafft einen wichtigen Baustein für die internationale Schutzarchitektur geistiger Eigentumsrechte.

Inhalte und juristische Systematik des DLT

Der Designrechtsvertrag definiert präzise, welche formalen Anforderungen eine internationale Designanmeldung erfüllen muss. Dabei legt er insbesondere Wert auf:

  • Identifikation des Anmelders: Die Angaben zur Identität müssen eindeutig, klar und überprüfbar sein.
  • Darstellung des Designs: Die visuelle Wiedergabe des zu schützenden Objekts – z. B. durch Abbildungen, Fotografien oder technische Zeichnungen – ist zentral für den Schutzumfang.
  • Optionale Beschreibung: Wo dies zur Erläuterung des Designs erforderlich ist, kann eine Beschreibung beigefügt werden.
  • Zuweisung eines Hinterlegungsdatums: Der DLT regelt klar, unter welchen Bedingungen eine Anmeldung als vollständig gilt und somit ein „filing date“ erhält. Dieses Datum ist entscheidend für die Neuheit und die Prioritätsansprüche. Dies schafft insbesondere in Märkten mit «first-to-file»-Systemen einen klaren Vorteil und reduziert das Risiko von Rechtsverlusten.

Hinzu kommt die Möglichkeit, die Veröffentlichung eines Designs zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen – eine Klausel, die insbesondere innovationsgetriebenen Unternehmen entgegenkommt, die ihre Marktstrategie nicht sofort offenlegen möchten. Solche Mechanismen sind bereits in vielen nationalen Systemen bekannt, werden durch den DLT aber international standardisiert.

Strukturell orientiert sich der DLT an seinen Vorläufern PLT und TLT: Es handelt sich um einen rein verfahrensrechtlichen Vertrag, der materiellrechtliche Fragen – etwa zu Schutzvoraussetzungen oder dem Schutzumfang – bewusst ausklammert. Die Souveränität der Vertragsstaaten bleibt damit gewahrt. Er enthält zudem Bestimmungen zur Digitalisierung und zur elektronischen Einreichung, die den Zugang zum Schutzsystem erleichtern.

Einheitliche Verfahren als Wettbewerbsvorteil

Für die Praxis stellt der DLT einen bedeutenden Fortschritt dar. Die Vereinheitlichung der Anmeldeverfahren reduziert administrative Hürden und senkt die Transaktionskosten für Unternehmen. Die wichtigsten Vorteile lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Rechts- und Planungssicherheit: Unternehmen, die in mehreren Jurisdiktionen tätig sind, profitieren von klaren, vorhersehbaren Verfahren. Dies vereinfacht nicht nur interne Abläufe und die Zusammenarbeit mit externen Beratern, sondern schafft auch konsistente Schutzstrategien über Ländergrenzen hinweg. Zudem wird so auch die Beiziehung externer Kanzleien im Ausland erleichtert, da einheitliche Anforderungen schneller überblickt werden können.
  • Effizienz und Kostenreduktion: Standardisierte Anforderungen bedeuten weniger Aufwand für Übersetzungen, formale Prüfungen oder nachträgliche Ergänzungen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten, insbesondere in der Frühphase eines Produktlebenszyklus.
  • Beschleunigte Markteinführung: Durch die Möglichkeit einer parallelen, formal abgestimmten Anmeldung in mehreren Ländern lässt sich der Schutzbedarf besser mit Innovations- und Vertriebszyklen koordinieren.
  • Berücksichtigung kultureller Dimensionen: Der DLT eröffnet Spielräume, um bei der Umsetzung auch kulturelle Aspekte zu berücksichtigen – etwa durch Schutzmechanismen für traditionelles Wissen oder indigene Gestaltungselemente. Dieser Aspekt kann für Schweizer Unternehmen, die mit internationalen Partnern, NGO’s oder in Entwicklungsprojekten arbeiten, strategisch relevant sein. Dies trägt zu einer inklusiveren Rechtspraxis bei und stärkt die Sichtbarkeit von Designern aus bislang unterrepräsentierten Regionen.

Die Umsetzung in der Schweiz

Die Schweiz kann den DLT umsetzen, ohne dass es einer Gesetzesrevision bedarf. Die formalen Bestimmungen des Vertrags lassen sich im bestehenden Rechtsrahmen – insbesondere im Designgesetz (DesG) und der Designverordnung (DesV) – abbilden. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, bis Ende 2026 eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten. Die für Ende 2026 vorgesehene Vernehmlassungsvorlage bietet Stakeholdern die Möglichkeit, ihre Perspektiven frühzeitig einzubringen – insbesondere Industrieverbände, Designschaffende und IP-Fachleute. Da der Beitritt dem fakultativen Referendum unterliegt, ist eine politische Diskussion auf nationaler Ebene möglich und wahrscheinlich.

Die Schweiz positioniert sich damit einmal mehr als innovationsfreundlicher und international gut vernetzter Wirtschaftsstandort. Gerade für KMU, Start-ups und Unternehmen mit globaler Ausrichtung bietet der DLT die Chance, Schutzstrategien effizienter und risikominimierend zu gestalten. Dabei gilt es jedoch, bestehende Schutzstrategien frühzeitig zu evaluieren und mit den neuen Mechanismen abzugleichen.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Vor dem Inkrafttreten des DLT empfiehlt es sich, die folgenden Punkte zu prüfen:

  • Designportfolio analysieren: Welche Produkte oder Gestaltungselemente sind international relevant? Wo bestehen bislang Schutzlücken?
  • Verfahrensprozesse überprüfen: Lassen sich Anmeldeprozesse durch Standardisierung optimieren? Welche Abteilungen sind betroffen (z. B. Legal, IP, Produktmanagement)?
  • Frühzeitige Information sicherstellen: Schulungen und Sensibilisierungsmassnahmen helfen, interne Kompetenzen aufzubauen und rechtliche Überraschungen bei internationalen Markteinführungen zu vermeiden. Auch externe Berater (z. B. Kanzleien oder IP-Dienstleister) sollten rechtzeitig eingebunden werden, um bestehende Prozesse anzupassen.

Fazit und Ausblick

Der Design Law Treaty markiert einen Meilenstein in der internationalen Harmonisierung des gewerblichen Rechtsschutzes. Für die Schweiz ergibt sich die Chance, rechtliche Komplexität zu reduzieren und gleichzeitig Innovationsschutz gezielt zu stärken. Der Vertrag fördert Transparenz, Effizienz und kulturelle Offenheit – Aspekte, die für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Rechtsordnung zentral sind. Mit dem DLT erhält das internationale Designrecht endlich ein modernes, einheitliches Fundament. Für Unternehmen gilt es jetzt, diesen Fortschritt aktiv zu nutzen – strategisch, organisatorisch und operativ. Der DLT bietet die Chance, Innovationsschutz mit internationaler Marken- und Designstrategie gezielt zu verknüpfen. Unternehmen, die frühzeitig reagieren, können sich klare Wettbewerbsvorteile sichern.

Quellen