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Der Verzicht auf die eingeschränkte Revision, im Schweizer Wirtschaftsrecht als „Opting‑out“ bekannt, ermöglicht kleineren Kapitalgesellschaften, die Pflicht zur eingeschränkten Revision ihrer Jahresrechnung zu umgehen. Ab dem 1. Januar 2025 wurde diese Regelung reformiert: Insbesondere ist ein rückwirkender Verzicht nicht mehr zulässig; der Verzicht gilt ausschliesslich für zukünftige Geschäftsjahre und muss vor deren Beginn beim Handelsregister angemeldet werden. Diese Änderung ist Teil einer Revision des Obligationenrechts (OR) und der Handelsregisterverordnung (HRegV), welche die Transparenz stärken und Missbräuche verhindern soll.

 

Gesetzliche Verankerung

Die gesetzliche Grundlage für den Verzicht auf die eingeschränkte Revision ist Art. 727a OR in Verbindung mit Art. 62 HRegV. Danach kann eine AG, GmbH oder Genossenschaft unter bestimmten Voraussetzungen auf eine eingeschränkte Revision verzichten. Entscheidend ist:

  • Beschluss der Gesellschafter/ Aktionäre, alle müssen einverstanden sein.
  • Maximal 10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt, sonst gilt die Pflicht zur eingeschränkten Revision weiterhin.
  • Die Anmeldung muss vor Beginn des betreffenden Geschäftsjahres erfolgen.

Eine rückwirkende Befreiung – also zum Beispiel für ein bereits begonnenes oder abgeschlossenes Geschäftsjahr – ist seit dem 01.01.2025 nicht mehr möglich.

 

Handelsregisterverordnung und Formvorschriften

Nach der HRegV sind bei der Anmeldung folgende Belege einzureichen:

  • die formell unterzeichnete Handelsregisteranmeldung gemäss Art. 17 HRegV,
  • Verzichtserklärungen aller Gesellschafter oder das entsprechende Versammlungsprotokoll,
  • eine Erklärung gemäss Art. 62 Abs. 2 HRegV, die das Datum des Beginns des Verzichts enthält,
  • die genehmigte Jahresrechnung des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres,
  • das Protokoll der Genehmigung der Jahresrechnung,
  • der Revisionsbericht für das letzte Geschäftsjahr,
  • gegebenenfalls eine öffentliche Urkunde inklusive revidierte Statuten, falls diese zwingend eine Revisionsstelle vorsehen.

Diese Dokumente werden nicht öffentlich einsehbar, da sie unter Art. 10 lit. d HRegV fallen.

 

Eintragung der Revisionsstelle

Neu ist geregelt, dass die bestehende Revisionsstelle zunächst weiterhin im Handelsregister eingetragen bleibt und nicht im selben Vorgang gelöscht werden darf. Sie ist erst nach Abschluss der letzten zwingend zu prüfenden Jahresrechnung und Genehmigung dieser Jahresrechnung entfernbar.

 

Analyse der wichtigsten Änderungen ab 2025

Vor 2025 war es möglich, einen Verzicht auch rückwirkend zu erklären, etwa für ein bereits begonnenes Geschäftsjahr. Diese Möglichkeit wurde aufgehoben, um Transparenz zu erhöhen und Missbrauch zu verhindern. Unternehmen müssen heute ihren Verzicht rechtzeitig vor Beginn des Geschäftsjahres anmelden, andernfalls bleibt die Revisionspflicht bestehen.

Die Notwendigkeit, den Jahresabschluss des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres sowie den Revisionsbericht beizulegen, erhöht den formellen Aufwand. Diese Unterlagen dienen dem Handelsregister zur Überprüfung der Voraussetzungen des Verzichts.

Die Revisionsstelle bleibt bis zur endgültigen Prüfung der letzten notwendigen Jahresrechnung im Handelsregister eingetragen, was eine klare Übergangsregel schafft, aber gleichzeitig ein Pflichtverhältnis bis zum Abschluss des letzten Prüfungsmandates bewirkt.

 

Praktische Auswirkungen und Risiken

Für kleinere Gesellschaften kann das Opting‑out eine erhebliche Entlastung darstellen, da sowohl Kosten als auch administrativer Aufwand reduziert werden. Zugleich verlangt der neue Rechtsrahmen jedoch eine präzise Planung und termingerechte Anmeldung. Fehler bei der Fristwahrung können dazu führen, dass die Gesellschaft weiterhin revisionspflichtig bleibt, was zusätzliche Kosten und organisatorische Konsequenzen auslösen kann.

Verpasst ein Unternehmen die Anmeldung des Opting‑outs oder erfüllt es die Voraussetzungen nicht mehr, entsteht ein Organisationsmangel gemäss Art. 731b OR und Art. 939 OR. In einem solchen Fall kann das Handelsregisteramt beim zuständigen Gericht Massnahmen beantragen, unter Umständen bis zur Auflösung der Gesellschaft.

 

Empfehlungen für die Praxis

  • Frühzeitige Planung: Beschlüsse zum Opting‑out sollten bereits im laufenden Geschäftsjahr gefasst und vor Ende des Jahres beim Handelsregisteramt angemeldet werden.
  • Vollständige Unterlagen: Alle erforderlichen Belege – insbesondere der genehmigte Jahresabschluss und der Revisionsbericht – müssen sorgfältig geprüft und eingereicht werden.
  • Überwachung der Voraussetzungen: Überprüfen Sie kontinuierlich, ob das Unternehmen die Schwellenwerte (weniger als 10 Vollzeitstellen) noch erfüllt.
  • Statutenprüfung: Wenn Statuten zwingend eine Revisionsstelle vorsehen, ist rechtzeitig eine Statutenänderung einzureichen.
  • Dokumentation: Halten Sie sämtliche Versammlungsprotokolle und Verzichtserklärungen sauber und vollständig fest.

 

Fazit und Ausblick

Der veränderte Rechtsrahmen zum Opting‑out ab dem 1. Januar 2025 schafft mehr Rechtssicherheit und Transparenz, verlangt aber gleichzeitig eine sorgfältige Vorbereitung und termingerechte Umsetzung. Für KMUs und Startups kann der Verzicht auf die eingeschränkte Revision ein wichtiges Instrument zur Entlastung sein, jedoch sind Fristwahrung und formelle Anforderungen zwingend zu beachten. In Zukunft könnten weitere Anpassungen folgen, etwa zur Verlängerung bestehender Opting‑out‑Eintragungen oder zu erweiterten Meldepflichten bei Schwellenwertüberschreitungen.

 

Quellen