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Bei Staking-Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwahrung von kryptobasierten Vermögenswerten ergeben sich rechtliche Auslegungsfragen. Die FINMA hat nun in einer Aufsichtsmitteilung Klarheit über den Umgang mit Staking-Dienstleistungen geschaffen. Zudem gibt die Aufsichtsmitteilung einen Überblick über verschiedene Staking-Varianten von kryptobasierten Vermögenswerten, nennt die damit verbundenen Risiken und legt die erforderlichen risikomindernden Massnahmen fest.

Mit Inkrafttreten der DLT-Vorlage wurde eine rechtliche Grundlage zur Verwahrung kryptobasierter Vermögenswerte geschaffen, welche Kunden im Fall der Insolvenz des Verwahrers schützt. Die FINMA musste aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Staking-Dienstleistungen Fragen zur Anwendung dieser Bestimmungen beantworten, da es je nach Konstellation möglich ist, dass die Anforderungen der DLT-Vorlage nicht erfüllt sein können. Dies hat zur Folge, dass die kryptobasierten Vermögenswerte bei Insolvenz des Verwahrers keinen Insolvenzschutz geniessen würden.

 

Was ist Staking?

Bisher besteht keine einheitliche Definition von «Staking». Die FINMA versteht unter Staking den Vorgang der Sperrung kryptobasierter Vermögenswerte auf der Staking-Adresse eines Validator Nodes zur Teilnahme am Validierungsprozess einer Blockchain, die auf einem Proof-of-Stake-Konsensmechanismus basiert. Teilnehmer erhalten als Belohnung für das Staking von kryptobasierten Vermögenswerten sogenannte Staking-Rewards. Anders als bei Proof-of-Work-Algorithmus, erhält beim Proof-of-Stake-Algorithmus nicht der schnellste Miner eine Belohnung, sondern ein Validator, der eine bestimmte Menge an Netzwerk-Token gestakt hat und nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird.

 

Es haben sich in der Praxis verschiedene Arten von Staking entwickelt. Die FINMA unterscheidet dabei in der Aufsichtsmitteilung zwischen Custodial Staking und Non-Custodial Staking.

Beim Custodial Staking überträgt der Kunde die kryptobasierten Vermögenswerte an einen Dienstleister. Bereits im Sommer 2023 wurde das Custodial-Staking von der FINMA überprüft. In dieser Überprüfung wurde festgestellt, dass gewisse Modelle als Einlage gemäss Bankengesetz qualifiziert werden können. Das Non-Custodial-Staking wurde im Sommer 2023 nicht überprüft.

Beim Non-Custodial Staking erfolgt keine Verwahrung oder Entgegennahme von Vermögenswerten durch Dritte, sondern die Kunden behalten die ausschliessliche Kontrolle über die Withdrawal Keys. Withdrawal Keys sind kryptographische Schlüssel zur Kontrolle der Rücknahme gestakter kryptobasierter Vermögenswerte, wobei der Verlust dieser Keys auch der Verlust der gestakten Vermögenswerte zur Folge hat.

 

Risiken

Die Inanspruchnahme von Staking-Diensten birgt nachfolgende Risiken:

  • Es bestehen technische Risiken einer Fehlfunktion des Staking-Vorgangs, insbesondere das Slashing-Risiko aufgrund eines Fehlverhaltens des Validator Nodes. Slashing bezeichnet einen Vorgang, bei dem die gestakten Vermögenswerte wegen des Fehlverhaltens des Validator Nodes ganz oder teilweise vernichtet werden.;
  • In der Schweiz existiert aufgrund der unklaren Rechtslage im Konkursfall ein Gegenparteirisiko. Diese Rechtsunsicherheit gilt umso mehr, wenn die Verwahrung oder das Staking an Institute im Ausland delegiert wird;
  • Da gestakte kryptobasierte Vermögenswerte möglicherweise nicht zum richtigen Zeitpunkt verkauft werden können, aufgrund einer Verzögerung wegen einer Lock-up-/Exit-Periode, besteht ein Marktrisiko. Diese Periode definiert die Mindestdauer des Stakings, bevor die Vermögenswerte wieder entsperrt werden können. Bei bestimmten Blockchains ist diese Periode länger. Bei einer Erhöhung der Unstaking-Aufträge kann dies zu einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit führen, die Vermögenswerte zu verkaufen.

 

Rechtliche Grundlagen für die Verwahrung kryptobasierter Vermögenswerte

Die DLT-Vorlage trat am 1. August 2021 vollständig in Kraft. Damit wurde auch mit dem neuen Art. 242a SchKG eine rechtliche Grundlage für die konkurssichere Verwahrung von kryptobasierten Vermögenswerten geschaffen. Nach Art. 242a SchKG ist eine Aussonderung im Konkurs des Verwahrens möglich, wenn eine Individualverwahrung oder eine Sammelverwahrung mit ersichtlichen Kundenanteilen besteht und wenn die Verpflichtung besteht, die kryptobasierten Vermögenswerte jederzeit für den Kunden bereitzuhalten.

Darauf abgestimmt wurde für bankenrechtlich erfasste Institute eine Bestimmung in Art. 16 Ziff. 1bis BankG eingefügt, der die Depotwerte umschreibt, die im Konkurs zugunsten der Depotkunden aus der Konkursmasse abgesondert werden.

 

Hinsichtlich dieser Bestimmungen ergeben sich in Bezug auf Staking bestimmte Auslegungsfragen. Diese betreffen mehrheitlich das für den Schutz innerhalb eines Konkursverfahrens zentrale Tatbestandselement, wonach die kryptobasierten Vermögenswerte jederzeit für den Kunden bereitgehalten werden müssen. Dies wäre nicht erfüllt, wenn der Verwahrer auf eigene Rechnung Staking betreibt. Die Rechtslage ist jedoch unklar, wenn das Staking im Auftrag und auf Rechnung der Kunden betreiben wird. Unter diesen Umständen muss der konkrete Staking-Mechanismus untersucht werden.

Unproblematisch in Bezug auf den Konkursschutz sind Blockchains, die weder eine Lock-Up-Periode, noch einen Sanktionsmechanismus, sog. Slashing, vorsehen, da somit die kryptobasierten Vermögenswerte jederzeit dem Kunden bereitgehalten werden können. Bisher existiert weder eine einschlägige Rechtsprechung noch eine Praxis zu der Frage, ob kryptobasierte Vermögenswerte auf Blockchains mit Lock-Up-Perioden oder Slashing das Tatbestandselement des jederzeitigen Bereithaltens erfüllen.

 

Rechtsfolgen

Beim Staking durch bewilligte Institute muss zwischen Staking-Ketten und Direct Staking unterschieden werden.

Eine Staking-Kette entsteht, wenn ein Institut den Betrieb des Validator Nodes an einen Dritten delegiert und somit eine Forderung gegen diesen hat. Die Forderung kann als Forderung gegenüber dem Drittanbieter bilanziert werden oder unter der Einhaltung gewisser Voraussetzungen als treuhänderisch verwahrte Forderung und somit als Depotwert behandelt werden, sofern die Richtlinien der Bankiervereinigung betreffend Treuhandanlagen eingehalten werden. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen bestehen:

  • Die Gegenparteirisiken werden durch Auswahl eines prudenziell beaufsichtigten Instituts mit guter Bonität beschränkt;
  • Es muss mittels einer spezifischen Due Diligence sichergestellt werden, dass der Drittanbieter nicht unbewilligt tätig ist und der Drittanbieter die relevanten Withdrawal Keys selbst hält;
  • Der Drittanbieter muss die Validator-Adressen bezeichnen, auf der er die kryptobasierten Vermögenswerte der Verwahrer hält, und muss diese dem Verwahrer mitteilen;
  • Der Drittanbieter hat sämtliche notwendigen Massnahmen getroffen, um die operationellen Risiken hinsichtlich des Validator Node-Betriebs (Validierungsfehler oder Offline-Status) zu beschränken, weitere Strafen gegen den Validator auszuschliessen und die Geschäftskontinuität sicherzustellen;
  • Falls Anbieter im Ausland beigezogen werden, so müssen diese ausserdem einer gleichwertigen prudentiellen Aufsicht unterstehen und hinsichtlich die konkursrechtliche Behandlung von Kryptoverwahrung die gleiche Rechtssicherheit wie die Schweiz bieten.

 

Beim Direct Staking hingegen betreibt das Institut das Staking selbst und hat auch die Verfügungsmacht über die Withdrawal Keys. Eine Absonderung kommt beim Direct Staking nach Art. 16 Ziff. 2 BankG nicht in Betracht. Ist aber eine Zuordnung der Vermögenswerte zu den Kunden eindeutig möglich, werden diese über die Risiken aufgeklärt, geeignete Massnahmen zur Minderung der operationellen Risiken infolge des Betriebs eines Validator Nodes getroffen und wird ein Digital Assets Resolutions Package für das Risikomanagement erstellt, sind im Konkurs eines FINMA-Beaufsichtigten die gestakten Vermögenswerte zugunsten der Depotkunden aus der Konkursmasse nach Art. 16 Ziff. 1bis BankG abzusondern.

 

Schliesslich stellt die FINMA in der Aufsichtsmitteilung fest, dass Marktteilnehmer ohne bankengesetzliche Bewilligung weiterhin das Custodial Direct Staking im Auftrag und auf Rechnung der Kunden anbieten können, sofern die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte individuell verwahrt werden. Dazu ist jedoch erforderlich, dass pro Kunde eine separate und zuordenbare Blockchain-Adresse besteht und der Anbieter über die Withdrawal Keys verfügt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, geht die FINMA davon aus, dass gestakte Vermögenswerte nach Art. 242a SchKG von der Konkursmasse abgesondert werden können.

 

Quellen:

Aufsichtsmitteilung FINMA zu Staking-Dienstleistungen vom 20.12.2023