Ein .ch-Domain-Name, Schweizer Flaggen und der Claim „geboren in der Schweiz“ – doch das Unternehmen sitzt in den Niederlanden. Die Schweizerische Lauterkeitskommission hat in einem aktuellen Fall entschieden: Solche Irreführungen sind unlauter. Was bedeutet das für Unternehmen mit internationalem Hintergrund?
Einleitung
Die Globalisierung des Online-Handels hat dazu geführt, dass Unternehmen zunehmend international auftreten – oft unter gezielter Anpassung an lokale Gegebenheiten. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, wie sich Unternehmen im Internet gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten präsentieren dürfen, ohne gegen das Wettbewerbsrecht zu verstossen. Die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) hat in einem aktuellen Fall (Nr. 210/24) entschieden, dass eine irreführende Darstellung des Unternehmenssitzes unzulässig ist.
Sachverhalt
Im Entscheid Nr. 210/24 beanstandete ein Beschwerdeführer die Gestaltung einer Unternehmenswebseite, die den Eindruck erweckte, das Unternehmen sei in der Schweiz ansässig. Tatsächlich lag der Sitz in den Niederlanden, nicht in der Schweiz. Die Webseite verwendete eine „.ch“-Domain, bezog sich in Texten auf die Schweiz (z. B. „geboren in der Schweiz“) und nutzte eine Bildsprache, die eindeutig mit der Schweiz assoziiert wurde. Erst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wurde ersichtlich, dass es sich um ein niederländisches Unternehmen handelt.
Juristische Grundlagen
Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, SR 241) handelt unlauter, wer sich durch falsche oder irreführende Angaben zu seinen Geschäftsverhältnissen, insbesondere zum Unternehmenssitz, Vorteile verschafft. Die Grundsätze der Lauterkeitskommission konkretisieren diese Norm und betonen, dass Angaben zum Unternehmenssitz klar, transparent und für die Konsumierenden ohne weiteres erkennbar sein müssen. Entscheidend ist dabei nicht nur die objektive Richtigkeit, sondern der Gesamteindruck, den die Darstellung beim Publikum erweckt.
Analyse des Entscheids
Die SLK folgte der Argumentation des Beschwerdeführers und stellte fest, dass die Kombination aus .ch-Domain, schweizerischer Bildsprache und Formulierungen wie „geboren in der Schweiz“ beim durchschnittlichen Nutzer den Eindruck erweckt, es handle sich um ein schweizerisches Unternehmen. Dass dieser Eindruck in den AGB relativiert wird, genügt nicht zur Korrektur. Eine solche Gestaltung wurde daher als unlauter qualifiziert. Diese Beurteilung entspricht der gefestigten Praxis der SLK, wonach der Gesamteindruck eines Webauftritts massgeblich ist. Unternehmen dürfen sich nicht als lokal verankert darstellen, wenn dies den Tatsachen nicht entspricht. Das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die geografische Herkunft eines Anbieters ist im Sinne eines fairen und transparenten Wettbewerbs besonders schützenswert.
Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Unternehmen mit Sitz im Ausland, die ihre Dienstleistungen auf dem Schweizer Markt anbieten, sollten die folgenden Punkte beachten:
- Transparente Kommunikation: Der Unternehmenssitz ist deutlich und an gut sichtbarer Stelle anzugeben. Die ausschliessliche Angabe in den AGB ist unzureichend.
- Vermeidung irreführender Gestaltungselemente: Die Verwendung nationaler Symbole, lokaler Bezeichnungen oder Domains wie „.ch“ sollte nur erfolgen, wenn sie den Tatsachen entspricht. Eine .ch-Domain ist nicht per se unzulässig, kann in Verbindung mit weiteren Elementen jedoch zur Irreführung beitragen.
- Gestaltung der Webseite: Auch Bildsprache, Farben und Designelemente können zur Irreführung beitragen. Unternehmen sollten diese bewusst wählen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Bedeutung für die Rechts- und Werbepraxis
Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die Praxis der Werbung und Online-Kommunikation. Sie zeigt, dass international tätige Unternehmen ihre Marketingstrategien im Lichte der Lauterkeitsregeln des Zielmarkts überprüfen müssen. Wer den Eindruck einer lokalen Präsenz vermittelt, muss diesen durch tatsächliche Umstände stützen. Andernfalls drohen nicht nur aufsichtsrechtliche Konsequenzen, sondern auch Reputationsverluste.
Handlungsempfehlungen
- Juristische Prüfung: Vor dem Markteintritt in neue Märkte sollten Webauftritt und Kommunikationsstrategien rechtlich geprüft werden.
- Konsumenteninformation: Informationen zum Unternehmenssitz und zu Kontaktmöglichkeiten müssen leicht auffindbar und eindeutig sein.
- Compliance-Monitoring: Ein internes System zur Überwachung der Einhaltung der Lauterkeitsregeln sollte etabliert werden.
Fazit und Ausblick
Der Entscheid der SLK schafft Klarheit in der Beurteilung geografischer Herkunftsangaben auf Webseiten internationaler Unternehmen. Die Verwendung einer .ch-Domain berechtigt nicht automatisch zu marketingwirksamen Anspielungen auf die Schweiz. Massgeblich bleibt der Gesamteindruck beim Nutzer. Unternehmen sind daher gut beraten, auf transparente Kommunikation zu setzen und nationale Bezüge nur dort zu verwenden, wo sie sachlich gerechtfertigt sind. Es ist zu erwarten, dass die SLK auch künftig vergleichbare Fälle mit gleicher Konsequenz beurteilen wird, was die Bedeutung eines rechtskonformen Webauftritts unterstreicht.
Quellen