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Ab Juli 2025 reicht es nicht mehr, einfach nur fahren zu können – Fahrschüler müssen moderne Fahrassistenzsysteme und KI-Technologien verstehen und korrekt anwenden. Die Fahrprüfung wird damit zur „Technikprüfung“ – mit weitreichenden Folgen für Prüflinge, Fahrschulen und Prüfer.

Die Digitalisierung im Strassenverkehr macht auch vor der Fahrprüfung nicht Halt. Ab dem 1. Juli 2025 werden Fahrerassistenzsysteme (FAS) und KI-gesteuerte Fahrsysteme Teil der Theorie- und Praxisprüfung für Personenwagen und Motorräder. Basis dafür ist eine Änderung der Verkehrszulassungsverordnung (VZV), flankiert durch die neue Verordnung über das automatisierte Fahren (in Kraft seit dem 1. März 2025). Damit reagiert der Gesetzgeber auf die zunehmende Integration künstlich-intelligenter Fahrtechnologien in den automobilen Alltag.

Das ändert sich konkret bei der Prüfung

In der Theorieprüfung müssen Fahrschüler künftig zwischen klassischen FAS und automatisierten Systemen (Level 2+) unterscheiden können. In der praktischen Prüfung wird deren sichere Anwendung bewertet.

Der Begriff „Level 2+“ bezieht sich auf Systeme, die über eine klassische Teilautomatisierung (SAE-Level 2) hinausgehen, jedoch noch keine vollständige Fahraufgabe übernehmen. Während Level 2-Systeme gleichzeitig lenken und bremsen oder beschleunigen können, bleibt der Fahrer stets verantwortlich und muss die Kontrolle behalten. Diese Systeme unterstützen den Fahrer, ersetzen ihn aber nicht. Bei Level 2+ kommen erweiterte Funktionen hinzu – etwa automatisierte Spurwechsel, bessere Sensorik und vorausschauende Assistenzlogiken, oftmals gestützt durch KI. Dennoch ist auch hier eine permanente Überwachung durch den Menschen notwendig. Die rechtliche Einordnungen zu den damit verbundenen Haftungsfragen – etwa bei Unfällen mit solchen Systemen – haben wir in unserem Beitrag hier untersucht.

Zur Einordnung: Die SAE (Society of Automotive Engineers) klassifiziert automatisiertes Fahren in sechs Stufen.

  • Level 0 bedeutet keinerlei Automatisierung.
  • Level 1 umfasst einzelne Assistenzfunktionen wie Tempomat oder Spurhaltehilfe.
  • Ab Level 3 übernimmt das System unter bestimmten Bedingungen selbstständig die Kontrolle – der Fahrer muss jedoch bei Bedarf eingreifen können.
  • Level 4 erlaubt automatisiertes Fahren ohne Fahrer in begrenzten Szenarien.
  • Level 5 beschreibt die vollständige Autonomie in allen Situationen.

Zusätzlich trat am 1. März 2025 die neue Verordnung über das automatisierte Fahren in der Schweiz Kraft. Sie erlaubt u.a. den Betrieb von hochautomatisierten Fahrzeugen (Level 3) auf Autobahnen sowie führerlosen Fahrzeugen (Level 4) in definierten Rahmenbedingungen – etwa als Shuttles in urbanen Zonen.

Technik trifft Recht: Was Fahrschulen und Prüfer wissen müssen

Fahrschulen müssen ihre Lehrmittel anpassen, Fahrzeuge mit entsprechenden Systemen bereitstellen und Ausbildner gezielt schulen. Prüfer wiederum brauchen einheitliche Kriterien, um Kompetenzen objektiv zu bewerten. Dabei geht es nicht nur um die Bedienung, sondern auch um das Verständnis der Systemgrenzen und die Bereitschaft zur rechtzeitigen Übernahme der Kontrolle.

KI im Auto – was muss ich als Prüfling wissen?

Auch Prüflinge werden sich künftig systematisch mit den technischen Grundlagen, den Grenzen und der Interventionspflicht im Zusammenhang mit Sensorik und Assistenzmodi vertraut machen müssen. KI-gesteuerte Fahrfunktionen wie Spurhalten, Bremsen oder selbständiges Einparken sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Der Fahrer bleibt verantwortlich und muss jederzeit eingreifen können. Dies setzt voraus, dass Fahrschüler die technischen Grundlagen kennen, potenzielle Fehlfunktionen erkennen und mit sensiblen Fahrzeugdaten verantwortungsvoll umgehen können. Datenschutzrechtliche Kenntnisse, etwa zum DSG und zur Datenübertragung, gewinnen damit an Bedeutung – auch für juristische Laien!

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Fahrschulen sollten:

  • ihre Lehrmaterialien zu Fahrerassistenzsystemen (FAS) aktualisieren,
  • geeignete fahrzeugseitige Infrastruktur anschaffen und
  • ihre Ausbildner entsprechend weiterbilden.

Verkehrsbehörden sind gefordert:

  • standardisierte Prüfkriterien und Klassifikationen zu definieren
  • klare Prüfkriterien und Systemklassifikationen zu veröffentlichen.

Unternehmen mit Fahrzeugflotten wiederum sollten:

  • interne Schulungsstandards zu FAS und automatisiertem Fahren zur Risikominimierung entwickeln.

Fazit und Ausblick

Die neu ausgestaltete Fahrprüfung markiert einen Paradigmenwechsel: Technikkompetenz wird zum integralen Bestandteil der Fahrsicherheit. Die Gesetzgebung trägt damit der Realität vernetzter Mobilität Rechnung. Langfristig könnte sich die Rolle des Fahrers grundlegend ändern: Wird künftig nur noch das Kontrollvermögen überprüft? Oder fährt das Auto irgendwann sogar zur Prüfung allein vor?

Auch Fahrschulen stehen damit vor einem Wandel: Sie werden sich künftig nicht mehr nur als Fahr-, sondern auch als Techniktrainer positionieren müssen – eine Entwicklung, die das Berufsbild nachhaltig verändert.