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Der Bundesrat stoppt vorerst die geplante Verordnung zur Klimaberichterstattung von Firmen. Was bedeutet das für Schweizer Unternehmen? Und wie sollten sie sich jetzt aufstellen? Ein Überblick über die Hintergründe, Risiken und Handlungsempfehlungen.

Am 25. Juni 2025 hat der Bundesrat beschlossen, die geplante Verordnung über die Klimaberichterstattung für Schweizer Unternehmen vorerst nicht weiterzuverfolgen. Obwohl die Vernehmlassung mehrheitlich positiv ausfiel, soll zunächst eine vertiefte Analyse zu pragmatischeren Umsetzungsvarianten erfolgen. Ziel ist es, eine verhältnismässige Regelung zu schaffen, die insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) umsetzbar ist. Parallel dazu will man die europäischen Entwicklungen beobachten, namentlich die Umsetzung und Wirkung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Die Arbeiten am Projekt zur Klimaberichterstattung von Unternehmen werden fortgesetzt, sobald der Bundesrat über die Vorlage zur Änderung des Obligationenrechts entschieden hat, spätestens jedoch am 1. Januar 2027.

Rechtlicher Hintergrund: ESG-Transparenz in der Schweiz

Die gesetzliche Grundlage für Nachhaltigkeits- und Klimaberichterstattung bildet in der Schweiz das Obligationenrecht (Art. 964a ff. OR). Betroffen sind Unternehmen, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Franken, einen Umsatz von 40 Millionen Franken oder 250 Vollzeitstellen aufweisen. Diese Unternehmen müssen über Umweltbelange, soziale und Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte sowie Korruptionsbekämpfung berichten. Die geplante Verordnung des Bundesrats sollte die Berichterstattung um klimabezogene Informationen erweitern, insbesondere zur Treibhausgasbilanz und zu Zielen der CO2-Reduktion.

Wir haben bereits in früheren Beiträgen aufgezeigt, dass sich die Schweiz in ESG-Fragen zunehmend an europäischen Standards orientiert (siehe unseren Beitrag zur EU-konforme ESG-Regulierung). Auch das 2025 vorgestellte ESG-Omnibuspaket enthält Vereinfachungen, aber auch neue Herausforderungen für Unternehmen (ESG-Update 2025).

Analyse der Bundesratsentscheidung

Mit dem Entscheid, die Verordnung vorerst nicht umzusetzen, entsteht ein regulatorisches Vakuum. Unternehmen, die sich bereits auf die Umsetzung vorbereitet haben, stehen nun vor der Frage, ob und wie sie ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung fortsetzen sollen. Ohne verbindliche Leitplanken steigt das Risiko von Fehlplanungen oder ineffizienten Investitionen in Reporting-Systeme.

Die Entscheidung des Bundesrates ist auch Ausdruck einer politischen Gratwanderung: Einerseits steigt der Druck aus internationalen Kapitalmärkten und der Öffentlichkeit, transparente ESG-Standards zu schaffen. Andererseits mahnen Wirtschaftsverbände zur Zurückhaltung bei zusätzlichen Berichtspflichten, da diese ressourcen- und kostenintensiv sind. Der Bundesrat wählt nun mit der Sistierung einen Mittelweg, der Flexibilität für die Unternehmen gewähren soll, ohne langfristig den Anschluss an die internationalen Entwicklungen zu verlieren.

Praktische Auswirkungen und Empfehlungen

  • Weiterentwicklung trotz Pause: Unternehmen sind gut beraten, bestehende Nachhaltigkeitsstrategien nicht zu stoppen. Freiwillige ESG-Berichte können ein positives Signal an Investoren, Kunden und Mitarbeitende senden und die unternehmerische Resilienz stärken.
  • Orientierung an EU-Standards: Die CSRD kann als Blaupause dienen. Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in der EU sollten sich frühzeitig an diesen Standards orientieren, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden.
  • Greenwashing-Risiken vermeiden: Trotz der Pause gelten weiterhin strenge Regeln für umweltbezogene Werbeaussagen. Eine fundierte Dokumentation bleibt essenziell (Weiterführende Informationen zu den Greenwashing-Regeln 2025 finden Sie in unserem Beitrag dazu).
  • Interne Prozesse evaluieren: ESG-Compliance beginnt bei der Datenerhebung. Unternehmen sollten ihre internen Reportingstrukturen überprüfen und sicherstellen, dass relevante Informationen systematisch und rechtssicher erfasst werden.

Fazit und Ausblick

Die breite Zustimmung zur Verordnung zeigt den Willen der Schweizer Stakeholder, nachhaltige Unternehmensführung strukturiert zu gestalten. Die Sistierung der Verordnung zur Klimaberichterstattung ist deshalb keine Absage an ESG-Transparenz, sondern eine Verzögerung zugunsten einer effizienteren Umsetzung. Unternehmen sollten diese Phase nutzen, um sich strategisch neu auszurichten und ihre Nachhaltigkeitskommunikation zu professionalisieren. Besonders KMU, die (noch) nicht unter die Berichtspflichten fallen, profitieren vorerst vom Aufschub, sollten aber die Entwicklung aufmerksam beobachten. In Anbetracht der internationalen Dynamik ist damit zu rechnen, dass die Schweiz mittelfristig verbindlichere Regeln nachziehen wird. Bis dahin gilt es, sich freiwillig an bewährten Standards zu orientieren und ESG-Compliance als integralen Bestandteil unternehmerischer Verantwortung zu etablieren.

 

Quellen