Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr, sondern ein wesentlicher Bestandteil moderner Unternehmenskommunikation (siehe dazu auch unsere bisherigen Beiträge [Über das «wie» der Werbung mit Umwelt-Claims am Beispiel «klimaneutral», Trend Nachhaltigkeit – Werbung mit Green Claims,Vorsicht bei der Werbung mit umweltbezogenen Angaben!, Nachhaltigkeitsversprechen in der Mode: Rechtliche Anforderungen und Risiken, FINMA-Aufsichtsmitteilung 05/2021 – Prävention und Bekämpfung von Greenwashing]. Immer mehr Firmen präsentieren sich als „grün“, „klimaneutral“, «CO₂-neutral», «netto null» oder „nachhaltig“. Doch nicht jede dieser Botschaften ist seriös und kann für bare Münze genommen werden. Viele Konsumentinnen und Konsumenten fühlen sich durch sogenannte „Greenwashing“-Strategien getäuscht, da oftmals Umweltaussagen verwendet werden, die kaum nachweisbar oder sogar irreführend sind. Hier setzt der neue Art. 3 Abs. 1 lit. x des Schweizerischen Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) an, der nun klare Regeln für klimabezogene Aussagen schafft.
Die neue Regelung: Art. 3 Abs. 1 lit. x UWG im Detail
Mit der Einführung dieser neuen Bestimmung, die seit dem 1. Januar 2025 gilt, wird ein spezifisches Irreführungsverbot für klimarelevante Aussagen geschaffen. Demnach handelt unlauter, wer Angaben über sich, seine Waren, Werke oder Leistungen in Bezug auf die verursachte Klimabelastung macht, die nicht durch objektive und überprüfbare Grundlagen belegt werden können. Unternehmen, die sich umweltfreundlich positionieren wollen, müssen somit sicherstellen, dass ihre Aussagen nicht nur plausibel klingen, sondern auch auf objektiv überprüfbaren Fakten beruhen. Der Rechtsrahmen für klimabezogene Behauptungen wird dadurch verdeutlicht.
Beweislastumkehr als Kern der neuen Regelung
Ein zentrales Element dieser Regelung ist die Beweislastumkehr. Ein Unternehmen, das mit umweltfreundlichen Eigenschaften wirbt, muss nun beweisen können, dass seine Angaben korrekt und fundiert sind. Diese Neuerung schafft für Marketingabteilungen eine erhebliche Herausforderung: Es reicht nicht mehr, vage Begriffe wie „nachhaltig“, «netto null bis 2050» oder «50% weniger Emissionen» zu verwenden – diese müssen durch belastbare Zahlen und Prozesse gestützt werden können.
Praktische Beispiele für betroffene Aussagen
Zu den von der neuen Vorschrift erfassten Angaben gehören:
- Qualitative Aussagen: Begriffe wie „klimaneutral“, „grün“ oder „CO₂-frei“;
- Quantitative Angaben: „Emissionen in Tonnen“, „Kompensationsprojekte“, „Fortschritte bei der Emissionsreduktion“;
- Prozessuale Informationen: Beschreibungen von Massnahmen zur Verringerung der Klimabelastung, wie z. B. interne Nachhaltigkeitsinitiativen.
Greenwashing – ein bekanntes Problem
Die neue Regelung im UWG ist keineswegs überflüssig. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Fälle, in denen Unternehmen wegen Greenwashings kritisiert wurden, stetig angestiegen. Konsumentinnen und Konsumenten erwarten heute zu Recht, dass «grüne» Versprechen nicht nur blosse Werberhetorik sind. Falsche oder irreführende Umweltversprechen führen nicht nur zu einem Vertrauensverlust, sondern können seit Einführung der neuen Regelung im UWG per 1. Januar 2025 auch juristische Folgen nach sich ziehen. Der neue Artikel schafft eine Grundlage dafür, solche Verstösse nun einfacher und gezielt verfolgt werden können.
Risiken und mögliche Sanktionen
Unternehmen, die den Anforderungen des neuen Art. 3 Abs. 1 lit. x UWG nicht genügen, müssen mit verschiedenen Konsequenzen rechnen. Neben zivilrechtlichen Ansprüchen, die auf Unterlassung oder Beseitigung der unlauteren Aussagen abzielen, können auch Sanktionen gemäss Art. 23 ff. UWG verhängt werden. Zudem droht eine Meldung beim Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) oder eine Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK).
Plattform zur Meldung von Greenwashing
Wie oben beschrieben, besteht für die Fälle, in denen Unternehmen oder Marketingexperten Greenwashing betreiben (oder dessen verdächtigt bzw. beschuldigt werden), die Möglichkeit, dies bei der zuständigen Stelle zu melden. Die Schweizer Konsumentenschutzorganisation hat eigens hierfür eine Plattform eingerichtet, auf welcher Konsumentinnen und Konsumenten in Verdachtsfällen unkompliziert Meldungen erstatten können (vgl. Plattform).
Was bedeutet das nun konkret für Unternehmen und Marketingexperten?
Unternehmen sollten sicherstellen, dass jede Behauptung zu ihrer Umweltfreundlichkeit umfassend dokumentiert und nachweisbar ist. Das gilt besonders für Werbekampagnen und öffentliche Statements, die nachhaltige Leistungen betonen oder hervorheben. Marketingexperten und Unternehmer sind gut beraten, mit internen und externen Fachleuten zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass ihre Klimaversprechen den neuen gesetzlichen Anforderungen standhalten. Ebenso sind Nachhaltigkeitsberichte oder anerkannte Zertifizierungen ein gutes Mittel, die eigene Nachhaltigkeit zu belegen.
Fazit und Ausblick: Green Marketing ohne Greenwashing
Der neue Art. 3 Abs. 1 lit. x UWG soll sicherstellen, dass Unternehmen, die mit Klimaschutz werben, auch tatsächlich ihren Beitrag zur Reduktion von Treibhausemissionen und zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. Für Unternehmen und Marketingexperten bedeutet dies, dass zuerst Nachhaltigkeit gelebt werden muss, bevor man sich öffentlich als «nachhaltig» etc. bewerben darf. Wer Greenwashing vermeiden möchte, sollte sich getreu dem Credo «Taten statt Worte» die Frage stellen: Kann ich jede meiner Aussagen mit fundierten Daten belegen? Wie wirksam die neue Bestimmung tatsächlich in der Praxis ist, wird sich aber erst noch zeigen müssen.
Quellen