Die WEKO hat 16 Detailhändler wegen unzulässiger Preisabsprachen mit insgesamt 28 Millionen Franken gebüsst. Im Fokus steht die Einkaufskooperation über Markant. Was bedeutet das für die Praxis von Einkaufsallianzen?
Einleitung
Am 8. Juli 2025 veröffentlichte die Wettbewerbskommission (WEKO) ihren Entscheid betreffend die Einkaufskooperation über die Markant Handels- und Industriewaren-Vermittlungs AG. Im Zentrum standen dabei die Verhandlungen von Dienstleistungskonditionen und Rabatten zwischen Markant, 16 Detailhändlern und deren Lieferanten. Während die WEKO die kollektive Verhandlung von Rabatten als zulässig erachtete, wurden intransparente Rückvergütungen und kollektive Durchsetzungsmassnahmen als unzulässige einkaufsseitige Preisabrede qualifiziert.
Zum besseren Verständnis ist zwischen zulässigen Einkaufskooperationen und unzulässigen Preisabreden zu unterscheiden:
Zulässige Einkaufskooperationen
Einkaufskooperationen ermöglichen es kleineren und mittleren Unternehmen (Händler), durch gebündelte Nachfrage bessere Einkaufskonditionen zu erzielen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die WEKO anerkennt diese Funktion grundsätzlich und sieht in der kollektiven Verhandlung von Rabatten ein legitimes Mittel zur Schaffung von Gegenmacht gegenüber Lieferanten. Solche Kooperationen können zu tieferen Einkaufspreisen führen, die letztlich an die Konsumenten weitergegeben werden und diesen somit zugutekommen.
Unzulässige Preisabreden
Problematisch wird es jedoch, wenn Einkaufskooperationen ihre Marktmacht missbrauchen. Im vorliegenden Fall mussten Lieferanten ein Bündel an Dienstleistungen von Markant beziehen, um die Händler beliefern zu können. Diese Dienstleistungen wurden kontinuierlich teurer. Bei Ablehnung der erhöhten Konditionen ergriffen die Händler kollektive Massnahmen, bis hin zur Auslistung von Produkten. Zudem wurden Teile der Dienstleistungskonditionen als Rückvergütungen an die Händler ausbezahlt, ohne dies gegenüber den Lieferanten transparent zu machen. Die WEKO wertete diese Praktiken als unzulässige einkaufsseitige Preisabrede, die den Wettbewerb unter den Lieferanten verzerre.
Rechtliche Bewertung
Gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) sind Abreden zwischen Unternehmen unzulässig, wenn sie eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs bewirken und nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt sind. Im vorliegenden Fall sah die WEKO in den intransparenten Rückvergütungen und den kollektiven Durchsetzungsmassnahmen eine solche unzulässige Abrede.
Die WEKO hat Markant und den angeschlossenen Händlerinnen klare Auflagen erteilt, um unzulässige Wettbewerbsverzerrungen zukünftig zu verhindern. Zum einen darf die Belieferung der Händler nicht davon abhängig gemacht werden, dass Lieferanten kostenpflichtige Dienstleistungen von Markant beziehen. Zudem ist es Markant und den Händlern untersagt, gemeinsam Druck auf Lieferanten auszuüben, um bestimmte Dienstleistungskonditionen durchzusetzen. Schliesslich dürfen Händler keine Rückvergütungen von Markant erhalten, wenn diese aus den Entgelten der Lieferanten finanziert und gegenüber diesen nicht transparent offengelegt wurden. Ziel dieser Vorgaben ist es, faire Marktbedingungen und Transparenz im Verhältnis zwischen Markant, den Händlern und den Lieferanten sicherzustellen.
Die Sanktionierung der beteiligten Händler mit insgesamt rund 28 Millionen Franken durch die WEKO basiert auf der Schwere des Verstosses und dem über «Markant» abgewickelten Einkaufsvolumen. Markant hat bereits angekündigt, den Entscheid der WEKO beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten.
Praktische Auswirkungen und Empfehlungen
Unternehmen, die Teil von Einkaufskooperationen sind oder den Aufbau solcher Kooperationen planen, sollten aus dem aktuellen Entscheid der WEKO wichtige Lehren ziehen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Transparenz zu: Sämtliche finanziellen Flüsse innerhalb der Kooperation, insbesondere Rückvergütungen, müssen gegenüber den beteiligten Lieferanten offen kommuniziert werden. Intransparente Zahlungen untergraben das Vertrauen und können kartellrechtlich als wettbewerbsverzerrend eingestuft werden.
Ein weiteres zentrales Prinzip ist die Freiwilligkeit. Lieferanten dürfen nicht durch strukturelle Zwänge oder faktischen Zwang dazu gebracht werden, bestimmte kostenpflichtige Dienstleistungen zu beziehen, um Zugang zu relevanten Absatzkanälen zu erhalten. Der Zugang zum Markt muss unabhängig von der Inanspruchnahme zusätzlicher Leistungen möglich bleiben.
Zudem ist auf kollektive Sanktionen strikt zu verzichten. Praktiken wie die koordinierte Auslistung von Produkten als Druckmittel gegenüber nicht kooperationswilligen Lieferanten sind mit dem Kartellrecht unvereinbar und können als unzulässige Durchsetzungsmassnahmen qualifiziert werden. Einkaufskooperationen dürfen ihre Marktmacht nicht zur Disziplinierung von Geschäftspartnern missbrauchen.
Schliesslich empfiehlt es sich, sämtliche Vertragsgestaltungen und internen Praktiken regelmässig einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Kooperation kartellrechtskonform ausgestaltet ist und keine Sanktionen riskiert werden. Dies umfasst sowohl die Ausgestaltung von Dienstleistungsverträgen als auch das Management interner Abstimmungen und Verhaltensweisen innerhalb der Kooperation. Ein rechtssicherer Betrieb von Einkaufskooperationen ist somit nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch der rechtlichen Integrität.
Fazit und Ausblick
Der Entscheid der WEKO setzt klare Grenzen für das Verhalten von Einkaufskooperationen. Während die kollektive Verhandlung von Rabatten weiterhin zulässig ist, werden intransparente Rückvergütungen und kollektive Durchsetzungsmassnahmen als unzulässig erachtet. Unternehmen sollten ihre Einkaufspraktiken entsprechend anpassen, um kartellrechtliche Risiken zu vermeiden. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverwaltungsgericht in einem allfälligen Beschwerdeverfahren entscheiden wird.
Quellen