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Mit der Revision des Aktienrechts soll an das neue Rechnungslegungsrecht angeglichen, Kapitalbestimmungen flexibler ausgestaltet und Minderheitsrechte gestärkt werden. Des Weiteren wird den Rohstoffunternehmen die Pflicht zur Berichterstattung über die Zahlungen an staatliche Stellen auferlegt. Auch beschliessen die Räte Geschlechterrichtwerte für Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte. Keine Mehrheit in den Räten finden hingegen die im Entwurf des Bundesrats vorgesehene Belohnung loyaler Aktionäre, das Verbot von Abgangsentschädigungen, sowie die Erleichterungen in der Beurkundungspflicht.

Aktienkapital – auch in ausländischer Währung

Gemäss dem neuen Rechnungslegungsrecht ist die Buchführung und Rechnungslegung in ausländischer Währung möglich. Um die nun bestehende Inkohärenz zwischen Rechnungslegungs- und Aktienrecht zu lösen soll der Nennwert neu auch auf eine ausländische Währung lauten können. Zum Zeitpunkt der Handelsregistereintragung muss das Aktienkapital in Fremdwährung mindestens einem Gegenwert von 100 000 Franken entsprechen. Sämtliche kapitalbezogene Aspekte (Reservenbildung, Beschluss über die Ausschüttung einer Dividende oder Rückzahlung einer Kapitaleinlage, Feststellung eines Kapitalverlusts oder einer Überschuldung) würden sich dann auf die für die Geschäftstätigkeit wesentliche ausländische Währung beziehen.

Nennwert – grösser als Null

Das geltende Aktienrecht beruht auf dem System der Nennwertaktie. Hierbei schreibt das Gesetz einen Mindestnennwert vor und die Statuten weisen der Aktie einen bezifferten Anteil am Aktienkapital zu. Da der hoch angesetzte Mindestnennwert die Handelbarkeit der Titel negativ beeinflusst, wurde der Mindestnennwert in den vergangenen Aktienrechtsrevisionen bereits herabgesetzt. Künftig soll die Aktie einen Nennwert aufweisen müssen, der lediglich grösser als Null ist (Art. 622 Abs. 4 E-OR).

(Beabsichtigte) Sachübernahme

Art. 628 OR regelt unter anderem den qualifizierten Gründungstatbestand der (beabsichtigten) Sachübernahme und weist damit ein erhöhtes Risiko auf, dass das den Gläubigern als Haftungssubstrat dienende Aktienkapital von Anfang an nicht vollständig existiert. Die Frage, wann eine Sachübernahme besteht und bis wann nach der Gründung oder Kapitalerhöhung ein relevanter Zusammenhang mit der Gründung oder Kapitalerhöhung besteht, ist oftmals unklar. Da jedoch die Verletzung der Normen zur (beabsichtigten) Sachübernahme die Nichtigkeit zur Folge hat, ist die Rechtsunsicherheit hier besonders gross. Im Übrigen wirken die bestehenden Schutzmechanismen der (beabsichtigten) Sachübernahme bereits nur selektiv. So kann eine Gesellschaft unmittelbar nach ihrer Gründung echte Drittgeschäfte abschliessen, wobei auch hier Haftungssubstrat abfliesst (z.B. ein Mietvertrag mit hohen Mietzinsen). Der Entwurf verzichtet daher gänzlich darauf, die (beabsichtigte) Sachübernahme als qualifizierten Tatbestand bei einer Gründung oder Kapitalerhöhung zu bezeichnen.

Dem Kapitalschutz wird mit dem Verbot der Einlagerückgewähr in Art. 680 Abs. 2 OR und dem Rückerstattungstatbestand von Art. 678 OR dennoch Rechnung getragen. Erfolgt die Sachübernahme überbewertet, so kann materiell eine verbotene Einlagerückgewähr vorliegen, sofern in das von Art. 680 OR geschützte Kapital eingegriffen wird. In aller Regel erfüllt ein Verstoss gegen das Verbot der Einlagerückgewähr durch eine Sachübernahme sodann auch die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Der Rückerstattungstatbestand von Art. 678 OR wirkt dabei weniger selektiv als die heutigen Sachübernahmebestimmungen, da dieser funktional und nicht objektbezogen wirkt. Somit kann nicht nur die Übernahme von Vermögenswerten einen Rückerstattungsanspruch begründen, sondern auch der Abschluss von anderen Rechtsgeschäften, sofern die Leistung in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung steht (Art. 678 Abs. 2 OR).

Kapitalherabsetzung und Kapitalband

Die heutige gesetzliche Regelung der Kapitalherabsetzung ist im Gegensatz zur Kapitalerhöhung rudimentär und lückenhaft. Problematisch ist auch, dass der Revisionsbericht vor dem Aufruf an die Gläubiger erstellt werden muss (Art. 732 OR). Zu diesem Zeitpunkt ist aber oftmals unklar, ob überhaupt Forderungen gegenüber der Gesellschaft bestehen.

Die neuen Kapitalbestimmungen schaffen hier mehr Flexibilität für die Unternehmen und sorgen gleichzeitig durch klare Regelungen für mehr Rechtssicherheit. So wird im Rahmen eines konsolidierten Konzeptes die Kapitalherabsetzung mit den verschiedenen Arten der Kapitalerhöhung neu in einem Kapitel zu den Kapitaländerungsverfahren zusammengefasst (s. Art. 650 ff. E-OR).

Neu soll die Generalversammlung auch die Möglichkeit haben, den Verwaltungsrat zu ermächtigen, während einer Dauer von maximal fünf Jahren, das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital innerhalb einer bestimmten Bandbreite zu erhöhen oder herabzusetzen (Art. 653s ff. E-OR). Dabei darf die Herabsetzung das eingetragene Aktienkapital um maximal die Hälfte unterschreiten. Im Falle der Kapitalerhöhung darf das Kapitalband höchsten um die Hälfte höher als das eingetragene Aktienkapital liegen.

Keine erleichterte Unternehmensgründung

Der Bundesrat hatte im Rahmen der Aktienrechtsrevision vorgeschlagen, die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung bei einfach strukturierten Kapitalgesellschaften abzuschaffen. Der Entwurf ermöglicht es, dass künftig einfach strukturierte Kapitalgesellschaften ohne Mitwirkung einer Urkundsperson gegründet, aufgelöst und liquidiert werden können. In Verbindung mit den übrigen Erleichterungen wird damit die Gründung einer Kapitalgesellschaft innerhalb von wenigen Werktagen ermöglicht. Von der Erleichterung profitieren würden AG, GmbH und Genossenschaften, deren Statuten ausschliesslich den gesetzlich vorgeschrieben Mindestinhalt enthalten und die Einlagen vollständig und in Franken geleistet sind. Auch die Statuten einer solchen Kapitalgesellschaft dürften dann ohne öffentliche Beurkundung geändert werden.

Sowohl National- als auch Ständerat lehnten die erleichterten Bedingungen in ihrer Gesamtheit ab. Unter anderem wurde hierbei begründet, dass 80 % der Neugründungen unter der Abschaffung der Beurkundungspflicht keiner Identitätsprüfung mehr unterlegen gewesen wären, was ein Risiko von Schwindelgründungen, Konkursreiterei und Geldwäscherei geborgen hätte.

Keine Belohnung für loyale Aktionäre

Uneinigkeit besteht noch in der Frage, ob Aktionäre für ihre Loyalität belohnt werden sollen. So hält der Nationalrat daran fest, dass Aktionäre, die Aktien über zwei Jahre halten, von Vorzugsrechten profitieren und höhere Dividenden erhalten können. Damit wolle man einen Anreiz für längerfristiges Denken und verantwortungsvolle Investitionen schaffen. Der Ständerat ist weiterhin dagegen.

Corporate Governance

Die heutige gesetzliche Regelung sieht vor, dass Gesellschafter ihren Informationsanspruch lediglich im Rahmen der GV geltend machen können (Art. 697a ff. OR). Hier leistet der Entwurf des Bundesrates Abhilfe und sieht das Auskunftsrecht nicht mehr als Individualrecht vor, sondern neu als Minderheitenrecht zugunsten von Aktionären, die mind. 5% der Stimmrechte oder des Aktienkapitals kontrollieren. Dies soll unabhängig davon gelten, ob die Gesellschaft Aktien an der Börse kotiert hat oder nicht.

Mehr Transparenz bei Rohstoffunternehmen

Ferner folgt der Nationalrat dem Ständerrat bei den Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption im Rohstoffsektor. Die neuen Bestimmungen sind der EU-Richtlinie 2013/34/EU nachempfunden und gelten ausschliesslich für Unternehmen, die von Gesetzes wegen der ordentlichen Revision unterliegen und im Bereich der Rohstoffgewinnung tätig sind. Somit sind nur börsenkotierte und grosse Unternehmen erfasst. Nebst der Pflicht eines jährlichen Berichts über Zahlungen an staatliche Stellen soll der Bundesrat zusätzlich die Kompetenz erhalten, die Regelung im Rahmen eines international abgestimmten Vorgehens auf Unternehmen im Rohstoffhandel auszudehnen.

Keine «Lex-Vasella»

Mit der Revision des Aktienrechts wird auch die Abzockerinitiative auf der Gesetzesinitiative umgesetzt. Der Nationalrat lehnt jedoch ein Verbot nicht marktüblicher Vergütungen im Zusammenhang mit früheren Tätigkeiten weiterhin ab. Er will lediglich, dass solche Vergütungen in einem Vergütungsbericht ausgewiesen werden müssen.

Geschlechterrichtwerte

Die beiden Räte sind sich einig, dass mehr Frauen im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung sitzen sollen und haben Geschlechterrichtwerte für beide Gremien beschlossen. Die vorberatende Kommission des Ständerats lehnte einen Richtwert für die Geschäftsleitungen ab, der Ständerat selbst folgte jedoch dem Nationalrat und dem Bundesrat. Gemäss Art. 734f E-OR soll in Verwaltungsräten grosser börsenkotierten Gesellschaften jedes Geschlecht zu mindestens 30 % vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 %. Damit unterscheidet sich der Entwurf des Bundesrates vom Vorentwurf dahingehend, dass letzterer noch einen Richtwert von 30 % für beide Gremien vorsah. Es wird hierbei insbesondere argumentiert, dass eine Differenzierung aufgrund der in der Geschäftsleitung notwendigen spezifischen Branchenkenntnissen gerechtfertigt sei.

Sanktionen, falls die Richtwerte nicht erreicht werden, sind jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr müssen die betroffenen Unternehmen im jährlichen Vergütungsbericht Angaben zu den Gründen und Massnahmen zur Verbesserung darlegen. Sodann wurde auch eine Befristung der Berichterstattungspflicht auf 10 Jahre abgelehnt.

 

Quellen