Am 16. Februar 2022 wurde die Vernehmlassung zur geplanten Teilrevision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF, SR 780.1), durch den Bundesrat veranlasst. Bis zum 23. Mai 2022 können sich Interessierte zur vorgesehenen Teilrevision äussern.
Das BÜPF ist im Jahr 2018 in Kraft getreten, nun soll sie teilweise revidiert werden. Die Notwendigkeit der Anpassungen des BÜPF und insbesondere der Überwachungsmöglichkeiten werden mit dem grossen technologischen Fortschritt seit Inkrafttreten des Gesetzes begründet. So ist auch die Mobilfunktechnologie zur fünften Generation (5G) übergegangen. Es ist deshalb erforderlich im BÜPF zusätzliche Auskunfts- und Überwachungstypen zu erschaffen, um die Überwachung auf dem bisherigen Niveau weiterführen zu können. Zudem haben Bund, Kantone und die mitwirkungspflichtigen Unternehmen in der Zwischenzeit erste Erfahrungen mit den damals neu eingeführten Überwachungsmöglichkeiten und mit der Zusammenarbeit gesammelt. Einzelne Aspekte der Verordnungen sollen daher gestützt auf die bestehenden rechtlichen Grundlagen aktualisiert werden. Dazu muss die Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF, SR 780.11) angepasst werden. Einzelne Bestimmungen müssen jedoch auch in der Verordnung über die Gebühren und Entschädigungen für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (GebV-ÜPF, SR 780.115.1), der Verordnung des EJPD über die Durchführung der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VD-ÜPF, SR 780.117) und in der Verordnung über das Verarbeitungssystem für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VVS-ÜPF, SR 780.12) geändert werden.
Anpassungen in der VÜPF
Bereits im aktuellen BÜPF war vorgesehen, dass Überwachungen ausserhalb von Strafverfahren unter bestimmten Umständen möglich sind (siehe Art. 35 BÜPF), z.B. um vermisste Personen aufzuspüren (sog. Notsuche). Dank der vorgeschlagenen Anpassungen in den soeben erwähnten Verordnungen können in diesem Zusammenhang die Vorteile der technischen Weiterentwicklung genutzt werden. Bisher war die Feststellung des Standorts nur ungefähr möglich, in Zukunft jedoch könnte das Endgerät sehr viel genauer geortet werden, indem die Positionsbestimmung statt der weniger genauen Standortbestimmung zur Anwendung kommt. Die Standortbestimmung erlaubt mithilfe von Mobilfunkzellen den zuletzt verfügbaren Standort eines mobilen Endgeräts zu bestimmen. Neu wird in Art. 67 Abs. 1 lit. b VÜPF die Notsuche durch einmalige, sofortige Positionsbestimmung gesetzlich verankert, was dem neuen Überwachungstyp RT_56_POS_IMMED entspricht. Es wird dabei die Position des überwachten Identifikators, der sog. Target-ID, des mobilen Endgeräts bestimmt. In lit. c wird neu vorgesehen, dass auch eine periodisch wiederkehrende Positionsbestimmung von allen mobilen Endgeräten mit der überwachten Target-ID zulässig ist, was dem neuen Überwachungstyp RT_57_POS_PERIOD entspricht. Durch die genaue Positionsbestimmung einer vermissten Person kann unnötiger Zeitverlust vermieden werden, was die Rettung dieser Person begünstigt. Ausserdem kann der Einsatz von Personal sowie Material reduziert werden, was auch die Kosten senkt. Die Anpassung an die 5G-Technologie äussert sich z.B. in der Wahl der Identifikatoren. Bisher war der DSL-Identifikator von Breitbandinternetanschlüssen (im Festnetz) als beispielhafte Angabe genannt, über die Auskunft erteilt werden musste. Dieser wird nun durch den Generic Public Subscription Identifier (GPSI) ersetzt, weil letzterer ein aktuelleres Beispiel ist als der bisherig verankerte Begriff. Gemäss dem erläuternden Bericht bedeutet die Änderung jedoch nicht, dass der DSL-Identifikator bei einem Auskunftsbegehren gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. d Ziff. 2 VÜPF nicht mehr bekannt gegeben werden muss. Gemäss der Erläuterung muss auch der OTO-ID, ein Identifikator, der den Glasfaser-Heimanschluss umschreibt, ebenfalls mitgeliefert werden. Auch in Art. 35 Abs. 1 lit. d Ziff. 10 erfolgt eine Anpassung und zwar werden die bisherigen Beispiele um einen Identifikator der 5G-Technologie, der Subscription Permanent Identifier (sog. SUPI), ergänzt.
Anpassungen in der VVS-ÜPF
Durch die Anpassung von Art. 8 Abs. 3 VVS-ÜPF kann der Dienst ÜPF gewissen Mitarbeitern erlauben, den Zugriff an Dritte (z.B. an die Polizei) weiterzugeben. Dies entspricht einer Ausweitung der bisherigen Möglichkeiten, denn aktuell können die Zugriffe nur in der gleichen Behörde oder an Betroffene bzw. deren Rechtsbeistände weitergegeben werden. Dank der Anpassung können die Zugriffe neu auch an die zustimmende Behörde sowie an das Zwangsmassnahmegericht übertragen werden. Die Berechtigungen der genehmigenden Behörden bleiben unverändert. Zugriffe auf die Daten können zum Zweck der Qualitätskontrolle sowie zur Beratung der Behörden gemäss Art. 16 lit. j BÜPF erfolgen. Dazu wird grundsätzlich vor dem Zugriff die schriftliche Zustimmung der zuständigen Behörde benötigt. Ausnahmen sind in Abs. 5 des genannten Artikels vorgesehen. In Art. 10 Abs. 4 VVS-ÜPF sind die Fristen zur Aufbewahrung der Daten geregelt. Es wird jedoch nicht bestimmt, wie lange die Protokolle über die Löschung der Daten behalten werden müssen. Gemäss dem erläuternden Bericht ist auf diese Regelung Art. 10 VDSG nicht anwendbar.
Anpassungen in der VD-ÜPF
Die bisher vorgesehenen Fristen zur Auskunftserteilung wurden als zu lange beurteilt, weshalb sie im neuen VD-ÜPF in Art. 14 nun reduziert werden. Die Bearbeitungszeiten unterscheiden sich des Weiteren abhängig von der Grösse des mitwirkungspflichtigen Anbieters des Fernmeldedienstes (vgl. Art. 21 VÜPF sowie Art. 51 f. VÜPF). So wird in Art. 14 Absatz 2 VD-ÜPF die Bearbeitungszeiten für die «grossen» und «mittleren» Mitwirkungspflichtige geregelt. Hierunter fallen die Fernmeldedienstanbieter, ausser jene mit reduzierten Überwachungspflichten gemäss Art. 51 VÜPF, die Anbieter abgeleiteter Kommunikationsdienste mit weitergehenden Auskunftspflichten gemäss Art. 22 VD-ÜPF, und die Anbieter abgeleiteter Kommunikationsdienste mit weitergehenden Überwachungspflichten gemäss Art. 52 VÜPF.
Art. 14 Abs. 2 lit. a VD-ÜPF hält dabei fest, dass der Auskunftstyp nach Art. 48b VÜPF sofort zu beantworten sei. Grund hierfür ist, dass sich die temporären Identifikatoren oft ändern und die Antwortzeit daher nur wenige Sekunden dauern darf. Diese Auskunft muss daher automatisiert erfolgen. Die Beantwortungsfristen in lit. b und c Ziff. 1 bleiben bestehen, jedoch wird in Ziff. 2 präzisiert, dass die darin aufgeführten Auskünfte neu innerhalb von 6 Stunden erteilt werden müssen, sollte das Auskunftsbegehren ausserhalb der Arbeitszeiten oder an einem Feiertag gestellt werden. Gemäss den Erläuterungen zu Art. 14 VD-ÜPF bedeutet die Neuerung, dass ein Auskunftsgesuch, das während der Arbeitszeit eingeht, bis am nächsten Tag um 17:00 Uhr beantwortet sein muss. Sobald ein Gesuch um Auskunft ausserhalb der Normalarbeitszeit gestellt wird, muss der Mitwirkungspflichtige benachrichtigt werden und es ist eine zusätzliche Entschädigung (Pikettgebühr) zu entrichten.
Anpassungen in der GebV-ÜPF
Abgesehen von der Anpassung an die technischen Entwicklungen müssen auch Bestimmungen zu den Gebühren in der GebV-ÜPF erneuert werden. Der Entschädigungsanspruch wird von der vorzunehmenden Teilrevision nicht berührt: Anspruch auf Entschädigung gemäss Art. 15 GebV-ÜPF haben weiterhin sämtliche Mitwirkungspflichtigen, ausser die professionellen Wiederverkäufer (Art. 2 lit. f BÜPF) nach Erfüllung der Mitwirkungspflichten. Neu kann auch das Unterstützen des Dienstes ÜPF bei der Auskunftserbringung oder Überwachung entschädigt werden, auch wenn der Mitwirkungspflichtige im konkreten Fall nicht zur Mitarbeit verpflichtet ist. Durch das Verb «kann» wird verdeutlicht, dass keine Verpflichtung besteht, eine Entschädigung zu leisten. Erbringt ein Mitwirkungspflichtiger seine Leistung, zu der er gesetzlich verpflichtet ist, in unzureichender Weise, können ihm gemäss Art. 19 Abs. 1 GebV-ÜPF vom Dienst ÜPF die entstandenen Kosten auferlegt werden. Bisher wurde die Entschädigung nach Zeitaufwand abgerechnet, dies wurde jedoch zu restriktiv wahrgenommen. Dank der Anpassung kann nach Inkrafttreten der Teilrevision auch in jedem Fall einzeln entschieden werden, ob die Bereitstellung von Materialien, die einmal genutzt wurden, in Rechnung gestellt werden. Bei diesem Material ist sodann zu entscheiden, ob es nach Ende der Überwachung übergehen wird oder nicht. Die exakten Gebühren werden in der Tabelle im Anhang des GebV-ÜPF festgelegt.
Fazit
Zusammenfassend beziehen sich also die Erweiterungen des BÜPF im Zusammenhang mit 5G vor allem auf die Aktualisierung von Beispielen und die bessere Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten der Positionsbestimmung. Die Teilrevision befindet sich bis am 23. Mai 2022 in der Vernehmlassung. Erst danach wird sich zeigen, ob tatsächlich alle vorgeschlagenen Neuerungen in die Verordnungen aufgenommen werden.