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EuGH: Geschützte Ursprungsbezeichnungen schützen auch gegen den Vertrieb von Produkten in Drittländer (Aktenzeichen: C-159/20)

Geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geographische Angaben

Geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützte geographische Angaben (g.g.A.) sind ein Ausnahmefall im Bereich der Immaterialgüterrechte. Beispiele kennt wahrscheinlich jeder: Champagner oder seit neuestem auch Halloumi sind solche geschützten Bezeichnungen. Aber auch Spreewälder Gurkensülze oder Thüringer Leberwurst sind geschützte geographische Angaben. Im Gegensatz zum Marken-, Patent- oder Gebrauchsmusterschutz schützen g.U. und g.g.A nicht einen bestimmten Erzeuger, sondern generell Erzeuger von Erzeugnissen aus einem bestimmten geographischen Gebiet. Profiteure sollen also inner-europäische Landwirtschaftsbetriebe und die Verbraucher, die sich auf eine bestimmte Herkunft und Qualität verlassen können, sein.

Der EuGH-Fall: Schützt die g.U. „Feta“ auch beim Export in Drittstaaten?

Der EuGH musste sich im Zusammenhang mit g.U. und g.g.A kürzlich mit der Frage beschäftigen, ob diese auch dann die Erzeuger schützen, wenn aus einem EU-Staat Produkte unter Verwendung der geschützten Bezeichnung in Drittstaaten exportiert werden, die überhaupt nicht den Anforderungen an die Bezeichnung genügen. Konkret war also die Frage, ob es für dänische Erzeuger zulässig ist die geschützte Ursprungsbezeichnung „Feta“ für Produkte zu verwenden, die ausschließlich in Drittstaaten exportiert werden. Dänische Erzeuger haben also in Drittstaaten Produkte unter der Bezeichnung „dänischer Feta“ vermarktet, obwohl die Bezeihcnung Feta eine geschützte Ursprungsbezeichnung für Erzeugnisse aus Griechenland ist. Die dänische Regierung argumentiert, dass der Schutz durch g.U. und g.g.A nicht für die ausschließliche Ausfuhr in Drittländer gelte. Würde man dieser Argumentation folgen wären g.U. und g.g.A genauso wie anderes geistiges Eigentum (ausgenommen das Urheberrecht) geographisch beschränkte Rechte. Eine Marke muss beispielsweise jeweils für das geographische Gebiet eingetragen sein, in der sie Schutz bieten soll.

Die Argumente Dänemarks

Die Argumente der dänischen Regierung sind dünn. Sie geht darauf ein, dass vergleichbare Verordnungen für Wein und Spirituosen explizit ihre Anwendbarkeit auf reine Exportprodukte statuieren, wohingegen die Verordnung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittelprodukte das nicht tut. Zudem wird angeführt, dass die durch die Verordnung geschützte Personengruppe die Käufer und Verbraucher innerhalb der Union seien, welche durch den reinen Export nicht betroffen sind. Schließlich beruft sich die Regierung auf die Entstehungsgeschichte der Verordnung, bei der keine Norm eingefügt wurde, die die Kommission ermächtigt Rechtsakte spezifisch für die Ausfuhr in Drittländern zu erlassen.

EuGH: Schutz auch gegen Exporte in Drittstaaten

Mit diesen Argumenten konnte Dänemark den EuGH nicht überzeugen. Die Richter weisen darauf hin, dass die Verordnung „jede Verwendung“ einer eingetragenen Bezeichnung untersagt, wenn die Erzeugnisse nicht den Anforderungen an die Bezeichnung genügen (Rn. 47). Zudem geht die Verordnung deutlich darauf ein, dass Mitgliedsstaaten die Verwendung für Erzeugnisse, die nicht den Anforderungen genügen unterbinden muss, die auf ihrem Gebiet „erzeugt oder vermarktet“ werden. Es ist also unerheblich wohin die Produkte exportiert werden, wenn schon die Erzeugung auf einem Gebiet des Mitgliedsstaats in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt (Rn. 48). Zudem soll die Verordnung gerade nicht nur Verbraucher schützen, sondern eben auch die Erzeuger von Erzeugnissen, die mit dem geographischen Gebiet in Verbindung stehen. Die Erzeuger sind auch dann beeinträchtigt, wenn aus einem Mitgliedsstaat unter Verwendung der geschützten Bezeichnung in einen Drittstaat exportiert wird, weil auch der Drittstaat ein legitimer Markt für die rechtmäßigen Erzeuger sein kann (Rn. 52).

Schließlich weist der Gerichtshof noch einige Argumente der dänischen Regierung klar zurück. Die Tatsache, dass in den anderen Verordnungen explizit die Anwendung auf den Export in Drittstaaten statuiert ist, spricht in Wahrheit gegen die Auslegung Dänemarks. Die Verordnungen sollen einheitlich angewandt werden können und es liegt deshalb nahe, dass auch die fragliche Verordnung mit einem verwandten Sachbereich auf den Export in Drittstaaten anzuwenden ist (Rn. 63). Zudem enthält die Entstehungsgeschichte keinen ausreichenden Hinweis auf einen generellen Ausschluss des Exports in Drittländer vom Anwendungsbereich. Das Argument Dänemarks bezieht sich nur auf eine spezifische Kompetenz der Kommission, die keinen Aufschluss über den sonstigen Anwendungsbereich gibt. (Rn. 66).

Fazit

Das Urteil legt geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geographische Angaben zu Recht als geographisch unbeschränkte Schutzrechte aus. Die Argumente der dänischen Regierung sind wenig überzeugend und werden hinreichend von den Richtern widerlegt. Dadurch ist das Urteil auch ein Beispiel für sichere und nachvollziehbare Auslegung im sonst oft verwirrenden Unionsrecht.

Für Erzeuger schafft das Urteil Rechtssicherheit auf Kosten der Vermarktungsmöglichkeiten. Geschützte Bezeichnungen sind ohne Ausnahme anwendbar und verhindern die Vermarktung von Produkten unter Verwendung der Bezeichnung, wenn diese nicht den Anforderungen entsprechen. Als Hersteller von Wein, Spirituosen, Agrarerzeugnissen oder Lebensmitteln lohnt sich deshalb der Blick in die EU-Datenbank „eAmbrosia“, in der die geschützten Bezeichnungen gesammelt sind und die anwaltliche Beratung bei komplizierteren Fragen. Als besondere Immaterialgüterrechte sind geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geographische Angaben Teil unserer alltäglichen Beratungspraxis im Intellectual Property Bereich.