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ESG ist das neue “buzz word” – dahinter verbirgt sich DIE license to operate, aber auch die Pflicht für Unternehmen, sich an ihre Ziele zu halten, Transparenz zu schaffen und zu rapportieren. All das bedarf eines guten Datensatzes. Diese Daten wiederum dürfen Unternehmen zukünftig nicht mehr nur für sich selber verwenden, sondern müssen sie im Rahmen der neuen EU Regularien der Gemeinschaft zugänglich machen, sie anderen zur Nutzung bereitstellen.

Dieser Beitrag soll zum einen Klarheit schaffen über das, was sich hinter dem «E» in ESG verbirgt. Zum anderen wird aufgezeigt, wie wichtig Daten in diesem Kontext sind und welchen Herausforderungen Unternehmen angesichts der „duty to share“ begegnen.

1. Das „E“ – the license to operate:

Die EU hat mit ihrem „Fit for 55“ Paket strenge Zielvorgaben gemacht zur CO2 Reduktion, inklusive branchenspezifischer Einschränkungen. Mit der neuen „EU Taxonomie“ erhalten die Unternehmen Report- und Transparenzpflichten, deren Basis ein guter Datensatz ist. Aus den bisher allgemeinen Handlungsstandards oder „soft law“ werden „hard facts“ und die Unternehmen müssen all dies in kürzester Zeit umsetzen, teilweise schreiben sich die Unternehmen selbst ambitionierte Klimaziele, ohne zu wissen, was diese konkret bedeuten. Wir geben einen kurzen Überblick und klären Begrifflichkeiten wie ESG vs. CRS, Scope 1 bis 3, Net-zero vs. Carbon neutral.,

a. EU Regulation

Die Europäische Union hat das Ziel des Übereinkommens von Paris in eine langfristige europäische Wachstumsstrategie umgesetzt. Im Rahmen des europäischen Grünen Deals arbeitet die EU an der Umsetzung einer umfassenden Reihe von Legislativvorschlägen. Die «EU Taxonomie» ist Teil der Bemühungen der EU, die Ziele des Europäischen «Green Deal» zu erreichen und Europa bis 2050 klimaneutral zu machen.[1]

Dazu soll die Taxonomie-Verordnung der EU, die am 12. Juli 2020 in Kraft trat, ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten schaffen, die Investoren verwenden können, wenn sie in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten investieren, die einen wesentlichen positiven Einfluss auf das Klima und die Umwelt haben. Die Taxonomie-Verordnung legt Bedingungen fest, die eine Wirtschaftstätigkeit erfüllen muss, um als umweltverträglich / nachhaltig zu gelten. Ziel der EU-Taxonomie ist es, sog. «Green Washing» zu verhindern und Investoren dabei zu unterstützen, Wirtschaftstätigkeiten zu identifizieren, die mit den Klimazielen in Einklang stehen und somit den Geldfluss in nachhaltige Aktivitäten in der gesamten Europäischen Union unterstützen.

Die vom „EU Taxonomy Climate Delegated Act“ (anwendbar seit 01.01.2022) aufgestellten Leistungskriterien, bestimmen welche Wirtschaftstätigkeit in welchem Sektor (z.B: Agrar, Produktion, Energie) wesentlichen Beitrag zu den Zielen des „Green Deal“ leistet. Dieses Klassifizierungssystem soll eine Transparenz bezüglich grüner Aktivitäten von uns zwischen Unternehmen und Investoren schaffen und diesen damit auch eine Orientierungshilfe bieten, um den Geldfluss im Einklang mit den Zielen des Green Deals auf nachhaltige Aktivitäten zu konzentrieren. Es soll also nicht nur eine gemeinsames Klassifizierungssystem eingeführt, sondern auch die Transparenz verbessert werden.[2]

b. ESG vs. CSR

“While CSR aims to make a business accountable, ESG criteria make such business’ efforts measurable.”[3]

Bislang diente CSR als Schlagwort für nachhaltige Geschäftspraktiken, als Marketingtool. Das Akronym – ESG – Environmental, Social Governance – bezieht sich auf ein Trio von Maßnahmen, die verwendet werden, um die Maßnahmen zur Nachhaltigkeit und zu den gesellschaftlichen Auswirkungen eines Unternehmens zu ermitteln und zu quantifizieren.

Zur Beschreibung von Unternehmenszielen und -verpflichtungen im Zusammenhang mit dem „E“, also „Environment“, zu Deutsch „der Umwelt“ und insbesondere dem Klimawandel wird eine breite Palette von teils austauschbaren Begriffen wie z. B «carbon neutral», «net zero» und «climate neutral» verwendet. Dahinter verbergen sich jedoch einzelne Kriterien, deren Überprüfung sorgfältig vorgenommen werden sollte, da Verantwortliche in Unternehmen oder Verwaltungsräten bei Unzulänglichkeiten haften.

Net Zero Emissionen sind erreicht, wenn die Emissionen aller Treibhausgase (CO2) einer Organisation durch den Abbau von Treibhausgasen ausgeglichen werden, in der Regel über ein Jahr. Achtung: Carbon-neutral oder Netto-Null-Emissionen werden oft synonym verwendet.

Zero Emissions / „absolute“ oder „echte“ Nullemissionen bedeutet null Treibhausgasemissionen. Im Gegensatz zu den «Net-Zero»-Emissionen wird der absolute Nullpunkt ohne Ausgleich der Emissionen erreicht., dadurch, dass überhaupt kein CO₂ freigesetzt wird, also keine Technologie eingesetzt wird, Emissionen verursacht.

Carbon-negative: Dies bedeutet, dass CO₂ aus der Atmosphäre entfernt oder mehr CO₂ gebunden wird, als emittiert wird, z.B. über Technologien. Synonym werden auch die Begriffe carbon positive / climate positive verwendet.

Low-emissions: Erzeugung von Treibhausgasen in einem geringeren Ausmaß als bei normaler Geschäftstätigkeit. Beispiele hierfür sind die Umstellung von Kohle- auf Gaskraftwerke, um die gleiche Menge Strom zu erzeugen, aber mit weniger Emissionen.

Vom CO2-Fußabdruck umfasst werden dabei nicht nur die unmittelbaren Emissionen am Geschäftssitz bsplw. durch Stromverbrauch (Scope 1), aber auch die mit dem Stromverbrauch verbundenen Emissionen (Scope 2) sowie die Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3), genauer der „Upstream“ durch Einkauf und „Downstream“ durch Verkauf entstehenden Emissionen.

2. Die Daten – the duty to share:

All die Rapportpflichten erfordern einen Datensatz, auf dessen Basis die Unternehmen ihre Pflichten erfüllen können. Hier geht es primär, und überraschenderweise, nicht um Personendaten, sondern um sektorspezifische Daten (Daten hinter Scope 1-3). Diese Daten werden von dem Markt generiert und werden zukünftig auch auf Basis anderer geteilt werden müssen.

Während eine konkrete Bedeutung noch nicht ersichtlich ist, lässt sich jedoch bereits erkennen, welche Entwicklungen sich am regulatorischen Horizont abzeichnen.

Eine aktuelle Herausforderung im Reporting stellen die derzeitigen Standards für die Messung der Emissionen dar. Diese weisen fatale Mängel auf, die zu hohen Messfehlern führen können und Manipulation und Verzerrung ermöglichen. Die Vielfalt und Inkonsistenz der Daten und Kennzahlen, sowie die Art und Weise der Meldung, als auch die Kriterien beim Zusammenstellen von Vergleichsgruppen vertiefen dieses Problem. Dazu kommt, dass die Ermittlung der Daten, insbesondere der „Scope 3“ Daten eine Herausforderung darstellen, vor allem dann, wenn Zulieferer in anderen Ländern mit anderen Standards operieren, oder die benötigten Daten nicht liefern können. „EU Taxonomy“ und der dazugehörige „Climate Delegated Act“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, für ein klares Verständnis über die Bedeutung der verschiedenen ESG-Kennzahlen zu sorgen und das Reporting zu standardisieren.

Während mehr Transparenzvorgaben immer eine positive Entwicklung darstellen ist jedoch fraglich wie weitreichend die „duty to share“ gehen wird. Insbesondere vor dem Hintergrund von Geschäftsgeheimnissen und dem Schutz von Unternehmerinteressen wie bsplw. Zuliefererinformationen besteht Klärungsbedarf. Es müsste sichergestellt werden, dass Unternehmen Daten austauschen können, ohne befürchten zu müssen, dass sie zu viele Details Preis geben müssen oder Wettbewerbsvorteile verlieren..

Ein andere den Informationsaustausch regelnde Verordnung ist der Data Act, voraussichtlich in Kraft im Jahr 2023, mit dem Ziel. eine gerechte Verteilung des Wertes von Daten auf die Akteure der Datenwirtschaft zu gewährleisten und den Zugang zu und die Nutzung von Daten zu fördern.[4] Der Data Act gibt dem Nutzer (Privatpersonen und juristischen Personen) von Produkten oder Leistungen einen Anspruch auf Herausgabe der Daten, die dabei produziert werden und das Recht, diese zu teilen (Art. 1 Data Act). Ausserdem können Unternehmen dazu verpflichtet werden, Daten an öffentliche Stellen herauszugeben, wenn dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist.

Perspektivisch zeigen sich in Bezug auf den Datenaustausch, oder die Herausgabe der Daten aufgrund neuer Rapportierungspflichtenunter der EU Taxonomy und dem Data Act ähnliche Herausforderungen bzw. Konkretisierungsbedarf.

So stellt sich bei dem Data Act unter anderem die Frage, wie es sich mit der Herausgabe solcher Daten verhält, die Geschäftsgeheimnisse darstellen. Sofern Geschäftsgeheimnisse Gegenstand des Herausgabeanspruches sind, muss der Nutzer zwar die Vertraulichkeit wahren, einer Verweigerung der Herausgabe sind aber enge Grenzen gesetzt. So stellt der Data Act eigene Anforderungen an die Vertragsgestaltung. Danach dürfen Verträge keine Klauseln beinhalten, die unfairer Weise einen Zugang zu Daten versagen. Das wirft die Frage auf, welche Anforderungen an den Nachweis des Geschäftsgeheimnisses zu stellen sind. Je nach Gewichtung wird dann der Geheimnisschutz oder der Herausgabeanspruch untergraben. Die unter der EU Taxonomie relevanten Reportgrössen geben Auskunft über Umsatzanteil und Investitionen, die in Projekten oder Unternehmensstrategie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dabei ist die Empfehlung, diese Berechnungen möglichst granular aufzustellen.[5] Wenn aber detailliert Zahlen über die Strategie eines Unternehmens rapportiert werden, dann fallen auch diese unter Umständen in den Bereich Geschäftsgeheimnis.

Zudem stellt sich die Frage der Weiterverwendung von diesen Daten in Einklang mit der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen erfolgen kann. Unter dem Data Act soll es spezifische Vertraulichkeitspflichten geben, aber auch das explizite Recht auf Datenweitergabe. Unter der EU Taxonomie ist die Weitergabe dieser Daten gerade Sinn und Zweck, um Investitionsentscheidungen zu ermöglichen und Transparenz zu schaffen.

3. Fazit

Sowohl bei der Offenlegung von Daten unter der EU Taxonomy als auch bei dem Data Act besteht noch Klärungsbedarf über den genauen Umfang der Offenbarungspflichten und die Vereinbarkeit der auferlegten Pflichten dieser Verordnungen mit Unternehmensinteressen. Wie dies erfolgen wird, bedarf es abzuwarten.

Quellen

[1] Die EU Taxonomie ist und Teil einer Reihe umfassenderer Vorschriften, darunter die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), welche die Non Financial Reporting Directive (NFRD) ersetzen soll. Offenlegungspflichten gelten ab dem 1. Januar 2022 für die Klimaschutzziele ab dem 1. Januar und beziehen sich auf das vorangegangene Haushaltsjahr. Taxonomie enthält derzeit technische Screening-Kriterien für 70 Aktivitäten zur Eindämmung des Klimawandels und 68 Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel, siehe: Holly Pettingale, Stéphane de Maupeou, and Peter Reilly, FTI Consulting, EU Taxonomy and the Future of Reporting, Monday, April 4, 2022, https://corpgov.law.harvard.edu/2022/04/04/eu-taxonomy-and-the-future-of-reporting.

[2] European Commission, COMMISSION DELEGATED REGULATION (EU) …/..Supplementing Regulation (EU) 2020/852 of the European Parliament and of the Council by establishing the technical screening criteria for determining the conditions under which an economic activity qualifies as contributing substantially to climate change mitigation or climate change adaptation and for determining whether that economic activity causes no significant harm to any of the other environmental objectives, 4.6.2021, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/finance/docs/level-2-measures/taxonomy-regulation-delegated-act-2021-2800_en.pdf (Stand 02.06.2022)

[3] RHT Law Asia, The evolution of ESG from CSR, 25 März 2021, abrufbar unter: https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=80bbe258-a1df-4d4c-88f0-6b7a2d2cbd6a (Stand 27.05.2022)

[4] European Commission, Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on harmonised rules on fair access to and use of data (Data Act), 23.2.2022, abrufbar unter https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/data-act-proposal-regulation-harmonised-rules-fair-access-and-use-data (Stand 03.06.2022), S.2

[5] EU Technical Expert Group on Sustainable Finance, Technical Report, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/200309-sustainable-finance-teg-final-report-taxonomy_en.pdf, S. 27 (Stand 03.06.2022).