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Ist „Leistung gegen Daten“ erlaubt oder greift das Koppelungsverbot gemäss Art. 7 DSGVO? Durch das Anbieten von kostenlosen E-Books, Nutzung einer Software oder der Teilnahme an Gewinnspielen, schaffen Unternehmen den Anreiz personenbezogene Daten preiszugeben. Der Nutzer „bezahlt“ damit mit seiner E-Mail-Adresse und der Einwilligung, E-Mails und Newsletter zu erhalten.

Das Koppelungsverbot ist in Art. 7 Abs. 4 DSGVO geregelt und besagt:

«Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in grösstmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschliesslich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind

Nach der DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet werden, wenn das Datensubjekt, also der Betroffene für die Datenverarbeitung seine freiwillige Einwilligung gegeben hat. Gemäss Art. 7 Abs. 4 DSGVO ist die Freiwilligkeit einer Einwilligung nicht gegeben, wenn diese an den Abschluss eines Vertrages gekoppelt wird. Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich allerdings schliessen, dass kein absolutes Kopplungsverbot besteht, da eine Koppelung nicht grundsätzlich verboten ist, sondern «dem Umstand in grösstmöglichem Umfang Rechnung getragen werden» muss.

Grundsätzlich liegt ein Koppelungsverbot dahingehend vor, dass Kundendaten nur verarbeitet werden dürfen, wenn diese für die Ausführung des Vertrages, also die Nutzung der Software oder die Teilnahme an einem Gewinnspiel notwendig ist. Wenn das Datensubjekt nicht über eine weitere Verwendung der personenbezogenen Daten aufgeklärt wurde, und damit keine Einwilligung dafür gegeben hat, liegt eine Verletzung des Koppelungsverbotes im Sinne von Art. 7 Abs. 4 DSGVO vor.

 

Anwendung des Koppelungsverbotes

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Einwilligung als „frei gegeben“ zu qualifizieren ist, ist die spezifische Situation der Kopplung der Einwilligung in Verträge oder die Erbringung einer Dienstleistung zu beachten. Grundsätzlich gilt, dass jeder Umstand, der unangemessenen Druck oder als unangemessene Einflussnahme auf die betroffene Person (die sich auf viele verschiedene Arten äussern kann) zu werten ist und damit die betroffene Person an der Ausübung ihres freien Willens hindert, die Einwilligung ungültig macht.

Der Zwang, der Verwendung personenbezogener Daten zusätzlich zu dem, was unbedingt notwendig ist, zuzustimmen, beschränkt die Wahl des Datensubjekts und steht der freien Einwilligung im Wege. Die Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten, die nicht notwendig für die Erfüllung des Vertrages ist, darf nicht als zwingende Gegenleistung für den Abschluss eines Vertrages oder die Erbringung einer Dienstleistung vorgesehen werden. Aus diesem Grund ist die Einwilligung auch als unfreiwillig und damit unwirksam zu qualifizieren, wenn der Betroffene keine Möglichkeit hat seine Einwilligung in die verschiedenen Verarbeitungsvorgänge von personenbezogenen Daten gesondert zu erteilen. Dasselbe gilt, wenn die Vertragserfüllung bzw. die Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig gemacht wird, obwohl dies nicht zwingend erforderlich ist.

Um zu beurteilen, ob eine solche Situation der Kopplung vorliegt, ist es wichtig zu bestimmen, was der Umfang des Vertrages ist und welche Daten für die Erfüllung dieses Vertrages notwendig sind. Nach der Stellungnahme 06/2014 der WP29 ist der Begriff „für die Erfüllung eines Vertrages notwendig“ eng auszulegen. Die Verarbeitung muss notwendig sein, um den Vertrag mit jeder einzelnen betroffenen Person zu erfüllen. Dies kann z.B. die Verarbeitung der Adresse der betroffenen Person umfassen, damit online gekaufte Waren geliefert werden können, oder die Verarbeitung von Kreditkartendaten, um die Zahlung zu erleichtern. Es muss ein direkter und objektiver Zusammenhang zwischen der Verarbeitung der Daten und dem Zweck der Vertragserfüllung bestehen.

Es ist zu beachten, dass Art. 7 Abs. 4 DSGVO nur dann relevant ist, wenn die angeforderten Daten nicht für die Bereitstellung einer Dienstleistung, und die Erfüllung dieses Vertrags erfolgt und die personenbezogenen Daten auf der Grundlage der Einwilligung erhalten werden. Umgekehrt, wenn die Datenverarbeitung zur Erfüllung des Vertrages erforderlich ist, dann findet Art. 7 Abs. 4 keine Anwendung.

 

Datenschutzkonformes Anbieten von Registerware und Gewinnspielen

Im Urteil vom 27. Juni 2019 des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt (Urteil vom 27.06.2019 Az: 6 U 6/19) wurde entschieden, dass “Daten gegen Leistung” grundsätzlich verlangt werden darf, wenn und soweit der Nutzer damit einverstanden ist. Der Nutzer steht damit in der Eigenverantwortung. Allerdings darf die Einwilligung aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht so gestaltet sein, dass sie von einer Leistung abhängig gemacht wird, also zwingend für den Empfang jener Leistung oder Vergünstigung ist. Vielmehr muss diese freiwillig und ohne Zwang vom Nutzer abgegeben werden. Damit ist auch nach Geltung der DSGVO eine unzulässige Koppelung nur im Sinne von Art. 7 Abs. 4 DSGVO zu sehen, wenn der Nutzer für die Leistung keine echte oder freie Wahl hatte, vor allem wenn Druck auf den Nutzer ausgeübt wird, damit dieser seine Daten preisgibt.

Anders urteilte der Oberste Gerichtshof in Österreich (OGH) in seinem Urteil zum Koppelungsverbot der DSGVO (Urteil vom 31.08.2018, Az.: 6Ob140/18h). Er stellte fest, dass

«[..] eine Einwilligung nicht als freiwillig erteilt gilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.»

Auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat sich in einer Stellungnahme zu diesem Thema geäussert und klare Regeln für die Einhaltung des Kopplungsverbots nach der DSGVO aufgestellt. Entscheidend ist, dass der Nutzer darüber aufgeklärt werden muss, dass es sich bei der Nutzung von Registerware um «Leistung gegen Daten» handelt. Das also ein Tausch von personenbezogenen Daten wie der E-Mailadresse des Datensubjektes gegen ein (dann kostenloses) Produkt erfolgt.

 

Fazit

Eine Möglichkeit ist es, neben dem kostenlosen Download der Software auch eine Bezahloption als Alternative anzubieten. Damit bleibt dem Kunden die Möglichkeit sich für die Nutzung der Registerware zu entscheiden und damit eine freiwillige Einwilligung zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten zu geben oder sich dagegen zu entscheiden und die Kosten für die Nutzung der Software tragen muss.

Der für die Datenverarbeitung Verantwortliche muss darlegen, dass den betroffenen Personen eine echte Wahlmöglichkeit geboten wurde, wenn sie zwischen einer Dienstleistung, die die Zustimmung zur Verwendung personenbezogener Daten für zusätzliche Zwecke einschliesst, einerseits und einer gleichwertigen Dienstleistung, die die Zustimmung zur Verwendung der Daten für zusätzliche Zwecke nicht einschliesst, andererseits wählen könnten. Solange die Möglichkeit besteht, den Vertrag zu erfüllen oder die vertraglich vereinbarte Dienstleistung zu nutzen, ohne in die betreffende andere oder zusätzliche Datenverarbeitung einzuwilligen, kommt das Koppelungsverbot im Sinne von Art. 7 Abs. 4 DSGVO nicht zur Anwendung.

 

Quellen

 

Foto: unsplash.com/Federico Beccari