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Ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Auch 2022 hält einige Veränderungen bereit, zumindest in rechtlicher Hinsicht. Mit umfassenden gesetzlichen Neuerungen, reagiert der Gesetzgeber auf Herausforderungen der Digitalisierung und des Verbraucherschutzes. Für betroffene Unternehmen, Marktplatz-Betreiber, Händler und Dienstleister besteht Handlungsbedarf. Sie sollten sich zeitnah auf die neue Gesetzeslage einstellen und ihre Rechtstexte entsprechend anpassen.


Neues Recht im E-Commerce, Zeitpunkt des Wirksamwerdens

Neues Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG)

Seit dem 01.12.2021 ist das TTDSG, als weitere Säule zum Schutz von Daten und der Privatsphäre von Verbraucher:innen, in Kraft. Neben der Bündelung schon bestehender Vorschriften, wird ein neuer Regelungsrahmen für den Einsatz von Cookies und Webtracking-Technologien geschaffen. Das Einwilligungserfordernis für Cookie-Dienste ist nun gesetzlich verankert. Erfasst sind auch nicht-personenbezogene Cookies und ähnliche Technologien. Die Anforderungen an die Einwilligung orientiert sich an den Vorgaben der DSGVO. Ein voreingestelltes Ankreuzkästchen reicht für eine wirksame Einwilligung nicht aus. Auf eine Gestaltungsvorgabe für Cookie-Banner wird verzichtet. Bei einem Verstoß gegen die Vorschriften drohen zum Teil hohe Geldstrafen.

Hier zum Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien.

Umfassende Änderungen im Kaufrecht und neue Regelungen für Waren mit digitalen Inhalten

Ab dem 01.01.2022 tritt das reformierte Kaufrecht in Kraft. Eine wesentliche Änderung ist die Einführung des neuen Sachmangelbegriffs. Neben den subjektiven und objektiven Anforderungen ist die Beschaffenheit von Proben und Mustern, Zubehör sowie Montageanleitungen und Werbeaussagen relevant. Für die Mangelfreiheit ist es künftig nicht mehr ausreichend, dass die Ware der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung entspricht. Die Beweislast wird von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Zudem wird mit den §§ 327-327u BGB ein neues Kaufrecht über digitale Produkte eingeführt, inklusive eigenem Gewährleistungsrecht.

Mit Beginn des Jahres 2022 treten verschärfte Regeln zur Nacherfüllung und erweiterte Vorschriften über Garantieerklärungen in Kraft. Auch entfällt für Verbraucher:innen in Zukunft das Fristsetzungserfordernis zur Nacherfüllung, bei Geltendmachung von Schadensersatz und Rücktrittserklärungen. Die Mangelkenntnis von Verbrauchern ist künftig kein Ausschlusskriterium für solche Ansprüche.

Eine weitere wichtige Änderung wird mit dem neuen § 312 Abs. 1a BGB umgesetzt. Künftig steht das „Bezahlen mit Daten“ für vermeidglich kostenlose Online-Dienste einer Geldzahlung gleich. Verbraucherschutzvorschriften finden hierbei umfassend Anwendung.

Zum Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kaufvertrags und dem Gesetz zur Umsetzung der RL über bestimmte vertragliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen.


Neue Kündigungsregeln für Verbraucherverträge im elektronischen Geschäftsverkehr

Mit Inkrafttreten des Gesetzes für faire Verbraucherverträge , sollen Verbraucher besser gegen telefonisch aufgedrängte oder untergeschobene Verträge geschützt werden. Ergänzt wird das Gesetzesvorhaben mit dem verpflichtenden Einwilligungserfordernis in Telefonwerbung in § 7a UWG. Im Fokus der Gesetzesänderungen stehen Verträge, die auf die Gründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet sind (z.B. Mobiltelefon-, Fitnessstudio-, Strom- und Gaslieferungsverträge). Wo bislang eine automatische Vertragsverlängerung von bis zu zwei Jahren möglich war, wird diese ab dem 01.03.2022 auf ein Jahr verkürzt. Die Kündigungsfrist beträgt künftig nicht mehr drei, sondern einen Monat.

Ab dem 01.07.2022 gilt zudem die Pflicht zur Bereitstellung eines Kündigungsbuttons für Verbraucherverträge im elektronischen Geschäftsverkehr, welcher den Verbraucher umgehend zu einer Bestätigungsseite führt. Dabei sind konkrete Gestaltungsvorgaben einzuhalten, wie die gute Sichtbarkeit und eindeutige Beschriftung der Schaltfläche. Bei Nichteinhaltung der Vorschriften, kann es zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung kommen. Zudem entfällt in diesem Fall die Kündigungsfrist für Verbraucher.

Hier zum Gesetz für faire Verbraucherverträge.

Geändertes AGB-Recht

Einige Änderungen im AGB Recht sind als Teil des Gesetzes für faire Verbraucherverträge bereits seit 01.10.2021 in Kraft. Mit dem neuen § 308 Nr.9 BGB wird ein Verbot von Abtretungsausschlüssen normiert. Dieses Verbot gilt nicht für Zahlungsdienstrahmenverträge und Versorgungsdienstleistungen. Zudem wird durch das modifizierte Klauselverbot in
§ 309 Nr. 9 BGB, ab dem 01.03.2022, die automatische Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen ausgeschlossen und die Kündigungsfrist auf einen Monat verkürzt. Zulässig wäre lediglich eine stillschweigende Umwandlung in einen Vertrag mit unbestimmter Laufzeit und eine Kündigungsfrist von einem Monat.

Erweiterte Transparenzpflichten für Online-Marktplätze

Mit Umsetzung der „Omnibus“-RL ((EU) 2019/2161) wurden umfassende Modifizierungen des UWG vorgenommen, welche ab dem 28.05.2022 in Kraft treten. Neben der Einführung neuer Definitionen wie „Online-Marktplatz“ oder „Ranking“, werden Marktplatz-Betreibern erweiterte Transparenzpflichten gegenüber Verbraucher:innen auferlegt. Künftig muss über die vermeintliche Unternehmereigenschaft von Händlern auf Online-Marktplätzen informiert werden. Auch die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings von Suchergebnissen und die relative Gewichtung der Parameter untereinander, sind offenzulegen. Betreiber von Marktplätzen und Vergleichsportalen müssen außerdem preisgeben, ob und wie sichergestellt wird, dass veröffentlichte Verbraucherbewertungen auch von Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Hierzu werden neue Tatbestände in den umfassend vervollständigten Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“) eingefügt. Zusätzlich wird ein spezieller Irreführungstatbestand für Produktvarianten eingeführt, wodurch verhindert werden soll, dass Waren in verschiedenen Mitgliedsstaaten „als identisch“ vermarktet werden, obwohl sie sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden. Die Einführung des ersten Individualschadensersatzanspruches für Lauterkeitsversöße in § 9 Abs. 2 UWG soll erleichtern, etwaige Verstöße zu sanktionieren. Erhöhte Bußgelder sollen zusätzlich für eine wirksame Rechtsdurchsetzung sorgen.

Zum Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes um Wettbewerbs- und Gewerberecht.


Kennzeichnungspflichten für Influencer

 

Des Weiteren sorgt die Reform des UWG für klarere Kriterien der Kennzeichnungspflichten im Influencer-Marketing. Nach dem neuen § 5a Abs. 4 UWG ist der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andern-falls nicht getroffen hätte. Entscheidend ist hierbei, ob ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde. Aus § 5a Abs. 4 S. 1 UWG und der geänderten Definition der geschäftlichen Handlung des § 2 Abs. 1 Nr.2 UWG ergibt sich, dass die die Handlung unmittelbar im Zusammenhang mit einer Absatzförderung stehen muss.

Neue Regelungen für Haustürgeschäfte und Verkaufsfahrten

Mit einigen Änderungen der Gewerbeordnung steigen die Anforderungen der Anzeigepflichten und Auflagen für Wanderlager und Kaffeefahrten. Zudem wird mit dem neuen
§ 56a Abs. 6 GewO ein Verbot des Verkaufs von Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln bei Kaffeefahrten erlassen. Teilweise irreführende und aggressive Verkaufsmethoden von überteuerten Produkten sollen so verhindert werden.

Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes um Wettbewerbs- und Gewerberecht.

Novelle des Verpackungsgesetzes

Bereits im Jahr 2021 traten Änderungen des Verpackungsgesetzes in Kraft. So wurden erweiterte Nachweispflichten hinsichtlich der Rücknahme und Verwertung, sowie Dokumentationspflichten über Verpackungen eingeführt. Die Pfandpflicht wird auf nahezu alle Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff und sämtliche Getränkedosen ausgeweitet. Auch Online-Marktplätze sind von der Novellierung betroffen. Ab 01.07.2022 besteht eine Prüfungspflicht für Marktplatzbetreiber, ob sich die Händler gemäß ihrer Registrierungspflicht, an einem dualen System, für die Sammlung, Sortierung und Verwertung der Verpackungen in Deutschland, beteiligen.

Hier zum Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen.

Neues Preisangabenrecht

Zur besseren Durchsetzung und Modernisierung des Verbraucherschutzes wird zum 28.05.2022 die geänderte Preisangabenverordnung (PAngV) wirksam. Vorgesehen sind, unter anderem, neue Vorgaben für die Bekanntgabe von Preisermäßigungen und den Angaben von Preisen angebotener Erzeugnisse. Aus Gründen der besseren Preistransparenz ist fortan einheitlich 1. Kilogramm bzw. 1 Liter als Mengeneinheit für die Angabe von Grundpreisen zu nutzen. Die Novellierung führt zudem zu einer grundlegenden, systematischen Überarbeitung der Verordnung, welche aus Gründen der Übersichtlichkeit vorgenommen wird.

Zur Novelle der Preisangabenverordnung.


Entwurf der neuen Vertikal-GVO

Mit Auslaufen der alten Fassung der Vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung am 31.05.2022, wurde ein modifizierter Entwurf der Vertikal-GVO veröffentlicht. Geplant sind wesentliche Neuerungen sind zur Regulierung des E-Commerce und Online-Plattformen. Dabei sollen Grundkonzepte der Verordnung weitgehend beibehalten werden, welche unter anderem die Beziehungen zwischen Herstellern und Händlern regeln. Da sich der Entwurf bislang in der Konsultationsphase befindet, sind Änderungen nicht ausgeschlossen und die abschließende Fassung abzuwarten.

 

Eine Übersicht über die wichtigsten Gesetzesänderungen finden Sie hier:

Übersicht der Gesetzesänderungen 2022

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