Das neue Aktienrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, brachte vor allem eine Flexibilisierung der Gründungs- und Kapitalvorschriften mit sich. Die Unternehmen haben bis zum 31. Dezember 2024 Zeit, ihre Statuten an das neue Recht anzupassen. Wir zeigen Ihnen, welche Anpassungen Sie in Ihren Statuten vornehmen und folglich für die nächste GV beachten sollten.
Änderungen im Überblick
Die grosse Aktienrechtsrevision trat am 1. Januar 2023 nach jahrelanger Vorarbeit in Kraft. Die Änderungen zielen dabei auf eine Modernisierung und Anpassung an die wirtschaftlichen Bedürfnisse ab.
Die wichtigsten Änderungen des neuen Aktienrechts haben wir für Sie bereits in unserem Beitrag vom 7. November 2022 detailliert erläutert. Nachfolgend wird auf die wichtigsten Punkte nochmals eingegangen:
- Aktienkapital: Die Kapitalbasis wurde flexibler gestaltet und lässt neu eine Finanzierung durch Fremdwährung zu. Zusätzlich ist durch die Einführung eines Kapitalbandes eine flexiblere Anpassung der Kapitalstruktur möglich, indem die Statuten den Verwaltungsrat ermächtigen, während maximal fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer definierten Bandbreite zu senken oder zu erhöhen.
- Stärkung der Aktionärs- und Minderheitsrechte: Im neuen Aktienrecht können Aktionäre von nicht-börsenkotierten Unternehmen, die mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte verfügen, dem Verwaltungsrat jederzeit und nicht nur an der Generalversammlung Fragen stellen. Auch können Aktionäre von nicht-börsenkotierten Unternehmen, die mindestens über 5% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte verfügen, ohne Ermächtigung der Generalversammlung Einsicht in die Geschäftsbücher und Korrespondenzen verlangen, sofern dies für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist.
- Flexible Generalversammlungen: Mit dem neuen Aktienrecht können Generalversammlungen schriftlich mittels Zirkularbeschluss oder einer Urabstimmung abgehalten werden. Nebst einer hybriden Generalversammlung besteht auch die Möglichkeit, diese rein virtuell abzuhalten, sofern die Statuten entsprechend angepasst wurden. Sodann können die Statuten auch vorsehen, dass Generalversammlungen im Ausland abgehalten werden können.
Statutenänderungen
Die oben erwähnten Änderungen haben die Gemeinsamkeit, dass sie zu dessen Einführung eine Statutenänderung benötigen. Obschon diese Änderungen bereits seit dem 1. Januar 2023 in Kraft sind, endet die Übergangsfrist erst am 31. Dezember 2024. Dank dieser Übergangsfrist von zwei Jahren bleiben alte Statutenbestimmungen, welche nicht mit dem neuen Recht kompatibel sind, bis dahin in Kraft. Nach Ablauf dieser Frist werden sie jedoch automatisch für ungültig erklärt und werden durch die gesetzlichen Reglungen ersetzt, sollten sie mit den neuen Bestimmungen des Aktienrechts nicht vereinbar sein. Grundsätzlich besteht demnach keine Pflicht, die Statuten an das neue Aktienrecht anzupassen. Um aber weiterhin klare und transparente Bestimmungen zu haben, empfiehlt es sich, proaktiv vorzugehen und die Statuten bis spätestens Ende 2024 anzupassen.
Wünscht man demnach das Aktienkapital in einer zugelassenen Fremdwährung festzuhalten, kann die Generalversammlung den Wechsel entweder prospektiv auf den Beginn des nächsten Geschäftsjahres oder retrospektiv auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres bestimmen. In jedem Fall muss jedoch der Verwaltungsrat die Statuten entsprechend anpassen. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass der Währungswechsel nicht zu einer verdeckten Kapitalerhöhung oder -herabsetzung führen darf.
Auch die Einführung eines Kapitalbandes bedingt ein entsprechendes Festhalten in den Statuten. Die Generalversammlung kann dabei in den Statuten auch die Befugnisse des Verwaltungsrates spezifizieren oder beschränken. So können in den Statuten Einschränkungen, Auflagen oder Bedingungen formuliert werden. Insbesondere können die Statuten festhalten, dass der Verwaltungsrat das Aktienkapital entweder nur erhöhen oder herabsetzen darf. Ebenfalls zu beachten ist, dass die genehmigte Kapitalerhöhung nach bisherigem Recht zwar bis zu dessen Ablauf gültig bleibt, jedoch nicht neben einem Kapitalband koexistieren kann. Will man demnach ein Kapitalband einführen, muss das bestehende genehmigte Aktienkapital in den Statuten aufgehoben werden.
Wurden bislang in den Statuten die Schwellenwerte der Kapital- oder Stimmrechtsbeteiligung (zum Beispiel für Auskunftsrechte) festgehalten, die sich nun mit dem neuen Aktienrecht geändert haben, so sollten auch diese aus Transparenzgründen in der nächsten Statutenänderung angepasst werden.
Schliesslich muss die Möglichkeit einer virtuellen Generalversammlung mit entsprechenden Statutenbestimmungen erlaubt werden. Zudem muss ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bestimmen werden, sofern die Statuten nicht ausdrücklich von dieser Pflicht entbinden. Es muss zum einen sichergestellt werden, dass sich jeder Aktionär aktiv an der Generalversammlung beteiligen und Anträge stellen kann, und zum anderen müssen die Voten unmittelbar übertragen werden können. Die Statuten können hierbei die Verwendung elektronischer Mittel regeln, ansonsten der Verwaltungsrat diese bestimmt.
Schliesslich muss auch eine entsprechende Regelung in den Statuten vorgenommen werden, wenn man die Generalversammlung im Ausland durchführen will. Soll eine Generalversammlung mit mehreren Tagungsorten in der Schweiz und im Ausland stattfinden, ist bislang strittig, ob eine solche als Generalversammlung mit ausländischem Tagungsort zu qualifizieren und somit eine Grundlage in den Statuten erforderlich ist. In einem solchen Fall wird jedoch empfohlen, die Statuten anzupassen, sodass die Durchführung der Generalversammlung im Ausland rechtmässig ist. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Durchführung der Generalversammlung im Ausland steuerrechtliche Implikationen mit sich bringen kann. Denn grundsätzlich hat die Aktiengesellschaft ihr Hauptsteuerdomizil am Ort der effektiven Verwaltung. Folglich könnte eine Generalversammlung im Ausland unter Umständen darauf hinweisen, dass auch die effektive Verwaltung im Ausland liegt. Vor der Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in die Statuten empfehlen wir deshalb auch eine steuerrechtliche Beratung vorzunehmen.
Statutenänderungen müssen von der Generalversammlung rechtmässig beschlossen werden und in Anwesenheit einer Urkundsperson öffentlich beurkundet werden. Da diese Änderungen vorab durch den Verwaltungsrat ausgearbeitet und rechtzeitig für die nächste Generalversammlung traktandiert werden müssen, empfiehlt es sich, zeitnah mit den Vorbereitungen zu beginnen. Das HÄRTING Team steht Ihnen hierbei bei Fragen zu Anpassungen der Statuten und für notarielle Dienstleistungen gerne zur Verfügung.