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Was im Ausland bereits möglich ist, soll auch in der Schweiz Realität werden. Neben der Identifizierung durch persönliche Vorsprache und mittels Korrespondenzweg ist neu eine Video- und Onlineidentifizierung ohne Medienbruch möglich.

Update April 2018

I. Entwurf FINMA Rundschreiben

Am 21. Dezember 2015 hat die FINMA einen Entwurf zum Rundschreiben bezüglich Videound Onlineidentifizierung veröffentlicht, welcher im Januar 2016 in Anhörung war.

Dabei wurden einige Kritikpunkte aufgeworfen, unter anderem dass im digitalen Kanal höhere Anforderungen bei den Kontrollen bestehen würden sowie dass die Anforderungen nicht ausreichend technologieneutral formuliert seien. Das Inkrafttreten ist für  März 2016 vorgesehen. Die FINMA bestrebt die erlassenen Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung technologie-neutral auszugestalten. Das Rundschreiben ermöglicht den Finanzdienstleistern in Zukunft unter gewissen flankierenden Massnahmen eine medienbruchfreie Online- und Videoidentifikation durchzuführen.

II. Videoidentifizierung

1. Voraussetzungen

Neu wird die audiovisuelle Kommunikation in Echtzeit (d.h. die live-Videoübertragung) der persönlichen Vorsprache gleichgestellt, sofern Folgendes eingehalten wird:

  • Datenschutzrechtlich sind sowohl die Bestimmungen des Schweizerischen Datenschutzgesetzes (DSG, SR 235.1; insbesondere Art. 4 und 7 DSG) als auch die der Datenschutzvorgaben des Domizillandes der Vertragspartei einzuhalten, sprich es bedarf der ausdrücklichen Einwilligung der Vertragspartei sowohl in Bezug auf die Durchführung der Videoidentifizierung als auch auf die Audioaufzeichnung.
  • Der Finanzintermediär hat für eine verschlüsselte und sichere Übertragung und vertrauliche Behandlung der Daten zu sorgen. ! Die Überprüfung der Identifizierungsdokumente muss stattfinden (systemgestützte Entschlüsselung der Codierzeile respektive der holografischen Elemente des Ausweises).
  • Die eingesetzten technischen Mittel müssen zusätzlich zur Überprüfung der holografischen Elemente, mindestens eines der folgenden Elemente zur Überprüfung zulassen: 3D-Bilder, kinematische Bewegungsstrukturen, Makro- und Mikroschriften oder Wasserzeichen.
  • Entsprechend dürfen nur offizielle Ausweisdokumente mit den soeben beschriebenen Elementen als Identifizierungsnachweis herangezogen werden.
  • Generell ist daher für eine geeignete Bildund Tonqualität zu sorgen.
  • Die zuvor registrierte Vertragspartei muss mit technischen Mitteln oder manuell auf Übereinstimmung mit den vorgelegten Ausweisdokumenten hin überprüft werden. Das Gespräch, das de facto auch eine sicherlich noch näher zu definierende verhaltenspsychologische Begutachtung beinhaltet, ist mittels Audioaufzeichnung festzuhalten; gleichzeitig hat der entsprechende Mitarbeiter während des Gesprächs Fotografien (z.B. HDR1-Bilder) von der Vertragspartei und den Identifizierungsdokumenten zu erstellen. Zum Abschluss des 1 High Dynamic Range Identifizierungsverfahrens ist der Vertragspartei eine TAN2 zuzusenden, welche von dieser bestätigt wird. Die gesamte Dokumentation ist abzulegen und sicher sowie jederzeit zugänglich aufzubewahren. Werden die Dokumente elektronisch abgelegt, sind die entsprechenden Bestimmungen der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV, SR 221.431) zu beachten.
  • Nach dem Gesagten ist klar, dass der Finanzintermediär entsprechende Guidelines für seine Mitarbeiter zu erlassen und die Mitarbeiter entsprechend zu schulen hat.

2. Abbruch des Identifizierungsvorganges

In folgenden Fällen hat der Finanzintermediär den Identifizierungsvorgang abzubrechen: Wenn er i) wegen einer mangelnden Bildund/ oder Tonqualität keine einwandfreie Identifizierung vornehmen kann, ii) Hinweise auf erhöhte Risiken erhält oder iii) bei ihm Zweifel an der Echtheit des Ausweises oder der Identität der Vertragspartei aufkommen. Allenfalls besteht hier auch eine Meldepflicht (Art. 9 GwG).

3. Personenmehrheit

Sind mehrere Vertragsparteien vorhanden, kann das beschriebene Verfahren für jede Partei/Person jeweils einzeln durchgeführt werden.Dies betrifft Sachverhaltskonstellationen, die nicht der persönlichen Vorsprache entsprechen, jedoch der einfachen oder aber einer echtheitsbestätigten Kopie eines Identifizierungsdokuments gleichgestellt werden.

III. Weitere Formen der Online-Identifizierung

Dies betrifft Sachverhaltskonstellationen, die nicht der persönlichen Vorsprache entsprechen, jedoch der einfachen oder aber einer echtheitsbestätigten Kopie eines Identifizierungsdokuments gleichgestellt werden.

1. Der einfachen Ausweiskopie gleichgestellte Dokumente

Die Fotografie ist der einfachen Ausweiskopie gleichgestellt und ihre Übermittlung ist auch elektronisch möglich.

2. Der echtheitsbestätigten Kopie des Ausweisdokuments gleichgestellte Dokumente

Als Ersatz für eine echtheitsbestätigte Ausweiskopie kommen die drei nachfolgend erörterten Verfahren in Frage.

a) Elektronische Ausweiskopie mit Echtheitsprüfung durch den Finanzintermediär

Die Vertragspartei stellt dem Finanzintermediär ein Abbild (Fotografie, Scan usw.) ihres Ausweisdokuments und eine Fotografie der eigenen Person (Passfoto, Selfie usw.) auf elektronischem Weg oder durch Upload auf dem System zu. Mittels geeigneter Technologien prüft der Mitarbeiter die Echtheit des Ausweisdokuments und ordnet es der Vertragspartei zu (Profiling) – eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung beider Bilder ist verlangt. Danach überweist die Vertragspartei für den Beweis ihrer Existenz einen frei vereinbarten Geldbetrag auf ein auf sie lautendes Bankkonto in der Schweiz. Sodann wird ihr eine TAN zur Bestätigung zugestellt. Zuletzt wird anhand einer digitalen Kopie einer Rechnung (z.B. Strom, Telefon; Utility Bill), welche elektronisch übermittelt wird, oder mittels öffentlichem Register die Wohnsitzadresse überprüft.

b) Elektronische Ausweiskopie mit qualifizierter elektronischer Signatur

Die Vertragspartei stellt dem Finanzintermediär eine Fotografie des Ausweises auf elektronischem Kanal samt qualifizierter elektronischer Signatur (nach ZertES, SR 943.033) zu. Der Finanzintermediär prüft die Übereinstimmung der hiermit gemachten Angaben. Für die Überweisung mittels Bankkonto, die TAN sowie die Wohnsitzprüfung wird auf lit. a) verwiesen.

c) Digitale Echtheitsbestätigung

Der Aussteller4 von Echtheitsbestätigungen gemäss Art. 49 Abs. 1 GwV-FINMA (SR 955.033.0) lässt dem Finanzintermediär auf elektronischem Weg ein Abbild des Identifizierungsdokuments zukommen, das in untrennbarer Weise ergänzt wird mit einer Bestätigung über die Übereinstimmung zwischen Abbild und Ausweis sowie einem digitalen Zeitstempel und dem Mitarbeitervisum.

IV. Erklärung über die wirtschaftliche Berechtigung

Sofern eine solche Erklärung gemäss Art. 59 ff. GwV-FINMA notwendig ist, reichen bei der Online- oder Videoidentifizierung folgende zwei Varianten aus:

a) Beim Eröffnungsantrag wird die Erklärung mittels eines Online-Formulars und mit qualifizierter elektronischer Signatur (nach ZertES) oder mittels mTAN5, pushTAN6 oder TAN-Generator abgegeben. Unter Umständen ist auch das Web-Protokoll, Logfiles oder ähnliches als Bestätigungsnachweis aufzubewahren.

b) Ausreichend ist aber bereits ein von der Vertragspartei ausgedrucktes, physisch unterzeichnetes, eingescanntes/fotografiertes und per E-Mail zugestelltes Formular. Auch das E-Mail muss zu den Akten genommen werden. Allfällige Beweisprobleme über die Echtheit der Unterschrift verbleiben beim Finanzintermediär.

V. Beizug Dritter & aufsichtsrechtliche Prüfung

Für sämtliche Verfahrensschritte ist der Beizug Dritter gestattet; allerdings bleibt der Finanzintermediär für die pflichtgemässe Erfüllung verantwortlich. Da sich der Entwurf nicht gegenteilig äussert, wird der Beizug von ausländischen Dritten möglich sein. Ein solcher Beizug kann allenfalls jedoch weitere datenschutzrechtliche Probleme mit sich bringen (insbesondere Art. 6 DSG).

Die vom Dritten erstellte Dokumentation kann auf elektronischem Weg an den Auftraggeber/Finanzintermediär übermittelt werden.

Zudem muss der Finanzintermediär seine Prüfgesellschaft mit der Kontrolle bezüglich Einhaltung der vorgegebenen Prozesse beauftragen.

VI. Technologieneutralität

Im Rundschreiben integriert ist sodann eine Tabelle, welche als Auslegungshilfe für spezifische Artikel der Geldwäschereiverordnung- FINMA im digitalen Kontext dient. Teilweise wird die elektronische Form der schriftlichen Form gleichgestellt.

Fussnoten

  1. High Dynamic Range
  2. Transaktionsnummer als Einmalpasswort in Form eines Zahlencodes
  3. Die ZertES befindet sich derzeit in Revision.
  4. Schweizer Notar, Schweizer Rechtsanwalt, Finanzintermediär mit Sitz in der Schweiz oder Finanzintermediär mit Sitz im Ausland unter besonderen Auflagen.
  5. Mobile und zeitlich begrenzt gültige TAN welche auf das Mobiltelefon gesendet wird.
  6. Ein App-basiertes TAN-Verfahren.

 

Update April 2018