Das Bundesgericht hat kürzlich gleich zwei offene Fragen zum Mietrecht beantwortet. So stellt es zum einen fest, das nur künftige Mietzinse wirksam hinterlegt werden können. Zum anderen präzisiert es seine Rechtsprechung zur Frage, welche Partei im Streitfall die Missbräuchlichkeit eines Anfangsmietzinses zu beweisen hat.
Hinterlegung des Mietzinses
Urteil vom 23. März 2021, 4A_571/2020
Bei Mängel an Wohn- oder Geschäftsräumen räumt Art. 259g Abs. 1 OR dem Mieter die Möglichkeit ein, den Mietzins bei der zuständigen Stelle zu hinterlegen. Hierfür hat der Mieter dem Vermieter schriftlich eine Frist zur Behebung der Mängel anzusetzen und die Hinterlegung anzudrohen. Lässt der Vermieter die Frist unbenutzt verstreichen, so hat der Mieter ihm die Hinterlegung anzukündigen. Bislang ungeklärt blieb die Frage, ob auch ein bereits fälliger Mietzins, d.h. der vom Mieter bereits zu zahlen gewesen wäre, mit der Wirkung einer Bezahlung gegenüber dem Vermieter hinterlegt werden kann. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass nur künftige Mietzinsen wirksam hinterlegt werden können. Hinterlegt der Mieter also einen bereits fälligen Mietzins, droht ihm eine mögliche Kündigung aufgrund des Zahlungsrückstandes (Art. 257d OR).
Anfechtung des Anfangsmietzinses
Urteil vom 6. Mai 2021, 4A_183/2020
Wurde der Mietzins gegenüber dem früheren erheblich erhöht, so kann der Mieter gemäss Art. 270 OR den Anfangsmietzins bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich anfechten und dessen Herabsetzung verlangen. Ob der Mietzins missbräuchlich ist, ist bei Altbauten anhand der Orts oder Quartierüblichkeit zu beurteilen. Dabei ist anhand offizieller Statistiken oder anhand von fünf Vergleichsobjekten zu prüfen, was im gleichen Ort oder Quartier für eine vergleichbare Wohnung bezahlt wird.
Grundsätzlich obliegt der Beweis des missbräuchlichen Anfangsmietzinses dem Mieter. Das Bundesgericht differenziert nun diesen Grundsatz zu Gunsten des Mieters. Demnach ist zu Gunsten des Mieters von der Vermutung eines missbräuchlichen Mietzinses auszugehen, wenn der neue Mietzins gegenüber dem früheren massiv, und damit deutlich um mehr als 10 Prozent, erhöht wurde. Diese Vermutung kann sodann vom Vermieter erschüttert werden, wenn es ihm gelingt an der Richtigkeit dieser Vermutung mittels Indizien begründete Zweifel zu wecken. Er kann sich hierbei auch inoffizieller Statistiken oder eines Privatgutachten bedienen. Ein gewichtiges Indiz gegen die Vermutung eines missbräuchlichen Anfangsmietzinses ist ein lange dauerndes Vormietverhältnis von 15 bis 20 Jahren ohne Mietzinserhöhung. Sollte das Gericht zum Schluss kommen, dass die Vermutung der Missbräuchlichkeit erschüttert wurde, so entfällt diese. In diesem Fall obliegt es dem Mieter auf Basis amtlicher Statistiken oder von fünf Vergleichsobjekten den strikten Beweis zu erbringen, dass die Erhöhung des Anfangsmietzinses tatsächlich missbräuchlich war.