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Als digitaler Doppelgänger bildet ein Avatar die Identität einer Person ab, sei dies im «Metaverse» oder in einem Online-Spiel. Ein Avatar kann vom Nutzer durch NFT authentifizierte «virtuelle Waren», wie Kleider, Taschen oder auch Schuhe, eingekleidet werden. Werden für solche virtuelle Waren NFTs genutzt, die eine hinterlegte Marke ohne Einwilligung des Hinterlegers reproduzieren, kann dies eine Markenrechtsverletzung darstellen – sofern die Marke denn auch für virtuelle Güter hinterlegt wurde. Im Zusammenhang mit der Klassifizierung von Waren und Dienstleistungen zur Eintragung von Marken für virtuelle Güter beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) bestehen jedoch noch einige Unklarheiten.

Juventus vs. Blockeras s.r.l.

Inwiefern NFTs und Markenrechtsverletzung zusammenhängen können, zeigte sich im vergangenen Jahr, als sich der beliebte italienische Fussballclub Juventus durch NFT-Spielkarten der Blockeras s.r.l. in seinen Markenrechten verletzt sah und gegen das Unternehmen rechtliche Schritte einleitete. Blockeras s.r.l. bot auf einer NFT-Plattform durch NFT gesicherte Spielkarten zum Verkauf an. Problematisch daran: auf den Spielkarten wurde der ehemalige Fussballspieler Christian «Bobo» Vieri mit einem Juventus-Trikot abgebildet. Da der Fussballclub Juventus unter anderem Inhaber der Wortmarken «JUVE» und «JUVENTUS» sowie einer Bildmarke (schwarz-weiss gestreiftes T-Shirt mit zwei Sternen auf der Brust) ist und der Nutzung seiner Marke nicht zugestimmt hat, machte er geltend, dass die NFTs seine Markenrechte verletzen. Blockeras s.r.l. erwiderte hingegen, dass die Marke überhaupt nicht für downloadbare virtuelle Güter registriert sei.

 

Die Kammer für geistiges Eigentum des Gerichts erster Instanz in Rom hat schliesslich im Entscheid vom 20. Juli 2022 (Rechtssache Nr. 32072/2022) in grundsätzlicher Weise festgehalten, dass die Nutzung eines NFTs durchaus zu einer Markenrechtsverletzung führen kann. Für die kommerzielle Nutzung der NFTs in Form der digitalen Spielkarten wäre die Zustimmung des Fussballclubs als Markeninhaber erforderlich gewesen. Zwar waren die Marken des Fussballclubs Juventus nicht in Bezug auf «digitale Dateien» oder «durch NFTs authentifizierte, herunterladbare Dateien» eingetragen worden, jedoch seien im vorliegenden Fall die Marken aufgrund deren enormen Bekanntheit und des damit verbundenen ausgedehnten Schutzumfangs dennoch zu schützen. Schliesslich weist das Gericht darauf hin, dass die Marken des Fussballclubs Juventus jedenfalls in der Klasse 9 der Nizza-Klassifikation zu schützen wären.

 

Zwar ist der genannte Fall für die weltweit bekannten und etablierten Marken des Fussballclubs Juventus gut ausgegangen. Jedoch zeigt dieser Fall in unserem Nachbarland auf, dass eine gewisse Rechtsunsicherheit bezüglich der Markeneintragung im virtuellen Raum und damit im markenrechtlichen Umgang mit NFTs besteht. So sollten Hinterleger neuer und weniger bekannter Marken mehr Vorsicht bei der Eintragung Ihrer Marke walten lassen und diese – wie dies der Fussballclub Juventus scheinbar versäumt hat – auch für virtuelle Güter beim IGE hinterlegen.

 

Klassifizierung gemäss IGE

So berichtet auch das IGE, dass es immer mehr Hinterleger gibt, welche ihre Marken in der Klasse 9 der Nizza-Klassifikation für virtuelle Güter hinterlegen wollen. Bei der Nizza Klassifikation handelt es sich um ein System zur Klassifizierung von Waren und Dienstleistungen zur Eintragung von Marken. Die Anmeldung einer Marke muss jeweils unter Nennung der gewünschten Klasse(n) erfolgen. Der Markenschutz gilt dann grundsätzlich nur für die betreffenden Kategorien von Waren oder Dienstleistungen.

 

Die Klasse 9 der Nizza-Klassifikation umfasst unter anderem digitale Inhalte und Bilder. Laut IGE wurde am Expertentreffen (CE) 2022 zur Nizza-Klassifikation auch das Thema der NFTs und deren Eintragung aufgegriffen. Dabei sollen sich die Experten mehrheitlich einig gewesen sein, dass es sich bei NFTs nicht um eigentliche Waren der Klasse 9 handelt. Vielmehr könne es sich um Dienstleistungen, wie z. B. die «Benutzerauthentifizierung mittels Blockchain-Technologie» handeln. So gelten virtuelle Waren oder Güter auch nicht als eigentliche «Waren» der Nizza-Klassifikation und können nicht telquel z. B. in Klasse 9, klassiert werden. Allenfalls wäre eine Erweiterung von Klasse 9 um «herunterladbare digitale Daten, die durch NFTs authentifiziert werden» oder Software, die Waren virtuell abbilden kann» oder von Klasse 35 um «Marketing durch Produkteplatzierung in Online-Spielen oder in virtuellen Umgebungen» denkbar.

 

Um für mehr Klarheit zu sorgen, wurde in der neusten Ausgabe (12) der Nizza Klassifikation, mit Gültigkeit ab 1. Januar 2023, die Klasse 9 mit dem Begriff der «durch Non-Fungible-Tokens (NFTs) authentifizierte, herunterladbare digitale Dateien» ergänzt. Damit eine Marke vor einer Markenrechtsverletzung durch NFTs geschützt ist, hat der Markeninhaber folglich eine Hinterlegung der Marke für virtuelle «Güter» in der Klasse 9 der Nizza-Klassifikation vorzunehmen. Auch wenn in diesem Zusammenhang durch die Konkretisierung der Nizza-Klassifikation mehr Klarheit geschaffen wurde, werden sich das IGE sowie die Hinterleger von Marken nach wie vor mit der Problematik des Markenschutzes in der virtuellen Welt auseinandersetzen müssen.