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Am 10. August 2021 wurde das Gesetz für faire Verbraucherverträge verkündet, das u.a. durch Änderungen von BGB-Vorschriften zu Laufzeiten und Kündigungsfristen Verbraucherrechte stärken soll. Unternehmen sollten rechtzeitig mit der Umsetzung der neuen Vorschriften beginnen und im Blick behalten, dass die gestaffelt in Kraft tretenden Änderungen nicht nur eine Anpassung der AGB zur Folge haben können, sondern es gegebenenfalls auch einer Umstrukturierung von Unternehmensprozessen bedarf.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge hat das Ziel, Verbraucher:innen besser vor überlangen Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen sowie vor telefonisch aufgedrängten Verträgen zu schützen. Was mit Blick auf die Gesetzesänderungen von Unternehmen ab wann zu beachten ist, haben wir im Folgenden zusammengefasst:

Ab 1. März 2022: Vertragsverlängerungen und Kündigungsfristen

Bislang konnten Verträge, die auf eine regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen gerichtet waren, „stillschweigend“, d.h. automisch bzw. ohne erneute Zustimmung der Verbraucher:innen, nach der ersten Vertragslaufzeit sowie nach Ablauf der vereinbarten Verlängerungszeit, jeweils für einen weiteren Zeitraum von max. einem Jahr verlängert werden.

Wurde mit Verbraucher:innen also ein Vertrag mit einer ersten Vertragslaufzeit von einem oder zwei Jahren geschlossen, konnten die Vertragsbedingungen vorsehen, dass sich der Vertrag jeweils automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn der Verbraucher oder die Verbraucherin nicht innerhalb der Kündigungsfrist kündigte. Die Kündigungsfrist durfte dabei nicht mehr als 3 Monate vor Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit betragen.

Für Dauerschuldverhältnisse, die ab dem 1. März 2022 geschlossen werden, gilt nun: eine stillschweigende Verlängerung ist nur noch wirksam, wenn sie für einen unbestimmten Zeitraum geschlossen wird und nach der ersten Vertragslaufzeit jederzeit durch den Verbraucher oder die Verbraucherin monatlich kündbar ist.

To-dos

Die Änderung bezieht sich auf die Zulässigkeit von AGB-Klauseln. Dementsprechend sollten Unternehmen rechtzeitig vor dem 1. März 2022 die eigenen AGB prüfen und ggf. anpassen. Ansonsten drohen Abmahnungen und unwirksame Klauseln, die einem sofortigen Kündigungsrecht nach Vertragsverlängerung und zu Rückforderungsansprüchen der Kunden führen können.
Außerdem sind gegebenenfalls Umstrukturierung der bestehenden unternehmensinternen Prozesse, insbesondere mit Blick auf Kündigungs- und Abrechnungsabwicklung, erforderlich. Zwar wirkt sich das neue Gesetz hierauf unmittelbar erst ab dem 1.3.2023 aus. Allerdings kann die Anpassung solcher Prozesse aufwendig sein und einen längeren Zeitraum der Vorbereitung erfordern.

 

Ab 1. Juli 2022: Kündigungsbutton

Bislang gab es für online geschlossene Verträge keine Pflicht, den Kund:innen auch eine Möglichkeit zur Online-Kündigung anzubieten. Die Kündigung musste aber in Textform möglich sein, also z.B. schriftlich, per Fax oder E-Mail.

Zukünftig soll die Kündigung für Verbraucher:innen so leicht werden wie der Abschluss des Vertrages. Werden kostenpflichtige Dauerschuldverhältnisse online abgeschlossen, so muss es ab dem 1. Juli 2022 daher die Möglichkeit für Verbraucher:innen geben diese auch online zu kündigen und zwar über eine gut sichtbare und eindeutig beschriftete Schaltfläche („Kündigungsbutton“), die die Verbraucher:innen unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führt.

Zum Beitrag vom April 2022.

To-dos

Auf der Website, über die ein Vertrag geschlossen wird, muss ab dem 1. Juli 2022 ein gut sichtbarer Kündigungsbutton (bzw. eine sonstige Schaltfläche) platziert werden. Genau genommen sind sogar zwei anklickbare Schaltflächen erforderlich: eine, über die Verbraucher:innen die Kündigung einleiten können und die auf eine Bestätigungsseite zur Angabe weiterer Informationen weiterleitet und eine, über die die Kündigung tatsächlich erklärt werden kann. Bei der Ausgestaltung dieses Online-Kündigungsprozesses ist insbesondere folgendes umzusetzen:

  • Die erste Schaltfläche, über den Verbraucher:innen die Kündigung einleiten können, muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder einer anderen entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet sein.
  • Die Bestätigungsseite, die für die Verbraucher:innen über diesen Button erreichbar ist, muss dazu auffordern und die Möglichkeit geben, Angaben zu machen über: Art der Kündigung, ggf. zum Kündigungsgrund, seiner/ ihrer eindeutigen Identifizierbarkeit, eindeutigen Bezeichnung des Vertrags, Zeitpunkt des gewünschten Vertragsendes einer schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung (zB. per E-Mail).
  • Die Bestätigungsseite muss zudem den zweiten erforderlichen Button beinhalten, der gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Jetzt kündigen“ (oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung) zu beschriften ist.
  • Die Schaltflächen und Bestätigungsseite sind zwingend ständig verfügbar zu halten und müssen unmittelbar sowie leicht zugänglich sein.
    Insofern bietet sich eine eindeutige Verlinkung auf jeder Seite des Onlineangebots an (zum Beispiel im Footer, neben den Verlinkungen zum Impressum, den AGB & Co). Auch über den Kundenbereich eingeloggter Kunden sollte die Schaltfläche eindeutig erkennbar und leicht erreichbar sein.
  • Verbraucher:innen müsen die Möglichkeit erhalten, die online abgegebene Kündigungserklärung inkl. Datum und Uhrzeit dauerhaft speichern zu können, z.B. durch ein downloadbares PDF.
  • Die Kündigung ist den Verbraucher:innen zudem sofort auf elektronischem Weg in Textform (z.B. per E-Mail) zu bestätigen.

Bei fehlendem Kündigungsbutton oder einem anders gearteten Mangel an Erfüllung der Anforderungen drohen Anbieter:innen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Außerdem kann der Verbraucher jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Ab 1.10.2021: Abtretungsausschluss in AGB

Bislang war ein vertraglicher Ausschluss von Forderungsabtretungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch gegenüber Verbraucher:innen grundsätzlich zulässig, wenn die konkrete Klausel die Verbraucher:innen nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten, z.B. indem sie unklar oder unverständlich formuliert ist. Dies haben Gerichte insbesondere dann angenommen, wenn kein berechtigtes Interesse des Unternehmens an dem Ausschluss der Abtretbarkeit besteht oder berechtigte Interessen der Verbraucher:innen an der Abtretbarkeit des Anspruchs gegenüber dem schützenswerten Interesse des Unternehmens an dem Abtretungsausschluss überwiegen.

Künftig sind AGB-Klauseln, die die Abtretbarkeit von auf Geld gerichteten Anspruch von Verbraucher:innen gegen das die AGB stellende Unternehmen ausschließen, generell unwirksam. Ein entsprechendes Klauselverbot besteht auch bei anderen Rechten, wenn das Interesse des Vertragspartners an der Abtretbarkeit überwiegt.

To-dos

Unternehmen sollten ihre AGB prüfen und auf Klauseln verzichten, die für Zahlungsansprüche einen Abtretungsausschluss vorsehen. Enthalten die AGB ein auf andere Rechte des Verbrauchers gerichtetes Abtretungsverbot, ist die Klausel kritisch daraufhin zu prüfen, ob die Interessen der Verbraucher:innen in der Formulierung ausreichend berücksichtigt wird – und die Klausel ggf. entsprechend anzupassen.