Am 01.01.2025 sind wichtige Änderungen der schweizerischen Zivilprozessordnung in Kraft getreten. Ziel der Revision war es, Gerichtsverfahren einfacher, schneller und kostengünstiger zu gestalten. Die Neuerungen betreffen vor allem die Prozesskosten, Fristen, Beweismittel, das Schlichtungsverfahren und die sogenannte Novenschranke, also spät vorgebrachte Tatsachen oder Beweise. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen erklärt.
- Prozesskosten
Parteientschädigung direkt an Anwälte
Im Bereich der Prozesskosten dürfen die Kantone neu mittels eigener Rechtssetzung vorgeben, dass die Parteientschädigung direkt an die Anwältin oder den Anwalt ausbezahlt wird und nicht mehr an die Mandantin oder Mandanten (Art. 96 Abs. 2 nZPO). Weil die Kantone über diese Änderung entscheiden können, muss abgewartet werden, ob und wie sie konkret umgesetzt wird.
Begrenzung des Kostenvorschusses
Der Kostenvorschuss, den eine Partei zu leisten hat, darf höchstens die Hälfte der mutmasslichen Gerichtskosten betragen (Art. 98 nZPO). In Ausnahmefällen dürfen jedoch weiterhin immer noch die gesamten mutmasslichen Gerichtskosten als Vorschuss verlangt werden (Art. 98 Abs. 2 nZPO).
Rückzahlung des Vorschusses
Hinzu kommt, dass das Kosten- und Inkassorisiko nicht mehr auf die obsiegende Partei abgewälzt werden darf. Gewinnt die Partei den Prozess, welche den Vorschuss geleistet hat, muss der Vorschuss neu zurückbezahlt werden, sofern diese Partei keine Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 111 Abs. 1 nZPO). Allerdings ist unklar, ob diese Regelung auch in betreibungsrechtlichen Summarsachen gilt. Einige Autoren vertreten, gestützt auf den Entscheid BGE 139 III 195 E. 4.4.2. des Bundesgerichts, die Meinung, dass dies nicht der Fall ist, da Art. 16 SchKG als lex specialis eine separate Regelung vorsehe. Hier muss sich erst noch zeigen, wie die Gerichte diese Regelung in der Praxis künftig handhaben werden.
- Fristen
Zustellung an Wochenenden
Eine der wichtigsten Neuerungen ist die angepasste Regelung zur Zustellung für gewöhnliche Post und der A-Post-Plus-Post. Art. 142 Abs. 2 ZPO in der alten Fassung sah vor, dass eine Frist für A-Post-Plus-Zustellung an Samstagen bereits am Sonntag anfing zu laufen. Dies führte in der Praxis zu unbefriedigenden Ergebnissen. Neu gilt, dass solche Sendungen, welche an einem Samstag, einem Sonntag oder einem anerkannten Feiertag durch gewöhnliche Post zugestellt werden, erst am darauffolgenden nächsten Werktag als zugestellt zählen (Art. 142 nZPO). Damit wird verhindert, dass Fristen an einem Sonntag zu laufen beginnen.
Begrenzung des Replikrechts
Bisher galt ein „unbegrenztes Replikrecht“, welches bei den Gerichten häufig eine verfahrensverzögernde Wirkung verursachte. Dies wird nun eingeschränkt. Art. 53 Abs. 3 nZPO sieht vor, dass eine Partei innert einer vom Gericht einzuräumenden Frist von jeweils mindestens 10 Tagen zu sämtlichen Eingaben der Gegenpartei Stellung nehmen darf. Dies sollte zu einer deutlich kürzeren Dauer der Gerichtsverfahren führen.
- Privatgutachten als Beweismittel
Im Rahmen der Beweismittel legt der Art. 177 nZPO fest, dass ein Privat-/Parteigutachten künftig Urkundenqualität hat und somit als zulässiges Beweismittel im Zivilprozess anerkannt ist. Es unterliegt damit der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Dies erleichtert es Parteien, ihre Behauptungen zu stützen, ohne den Inhalt des Gutachtens wiederholt darlegen zu müssen.
- Schlichtungsverfahren
Ordnungsbusse bei Nichterscheinen
Neu kann eine Partei, die unentschuldigt nicht zu einem Schlichtungstermin erscheint, mit einer Ordnungsbusse von bis zu CHF 1‘000 bestraft werden (Art. 206 Abs. 4 nZPO). Die Parteien müssen neu somit nicht nur auf den drohenden Verlust der Klagebewilligung hingewiesen werden, sondern auch auf die drohende Ordnungsbusse.
Erhöhung des Streitwertes für Entscheidvorschläge
Schlichtungsbehörden sind neu dazu befugt, Parteien in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 10‘000, anstelle von anhin CHF 5‘000, einen Entscheidvorschlag zu unterbreiten (Art. 210 Abs. 4 nZPO). Dies soll dazu beitragen, einfache Streitfälle schneller zu lösen.
- Novenschranke: Erweitere Möglichkeit zur Vorlage neuer Tatsachen und Beweise
Bisher konnten, wenn nur ein einfacher Schriftenwechsel stattgefunden hatte, neue Beweismittel und Tatsachen nur bis zu Beginn der Hauptverhandlung unbeschränkt hervorgebracht werden. Gemäss der bisherigen Haltung des Bundesgerichtes bedeutete dies, dass solche Noven vor dem ersten Parteivortrag eingebracht werden mussten. Durch Art. 229 Abs. 1 nZPO wird festgelegt, dass nun auch während des ersten Parteivortrags in der Hauptverhandlung unbeschränkt Tatsachen und Beweismittel hervorgebracht werden können. Das erleichtert es, auf neue Entwicklungen im Verfahren flexibel zu reagieren.
Mit der Revision der Zivilprozessordnung wurde ein wichtiger Schritt zur Verbesserung des gerichtlichen Verfahrensablaufs unternommen. Die neuen Regelungen bieten allen Beteiligten bessere Rahmenbedingungen für eine faire und zügige Rechtsdurchsetzung. Für weitergehende Informationen empfehlen wir Ihnen unsere ausführliche Präsentation zur ZPO-Revision 2025, welche kostenlos in unserem Shop heruntergeladen werden kann.
Quellen