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Das Parlament hat in der Frühlingssession 2021 über den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats zur Fair-Preis-Initiative abgestimmt. Es beschloss ein Verbot von Geoblocking und die Erweiterung des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots. Diese Bestimmungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Dieser Meinung war wohl auch das Initiativkomitee und zog ihre Initiative bedingt zurück.

Die Fair-Preis-Initiative

Die Fair-Preis-Initiative hat zum Ziel Beschaffungskosten für hiesige Unternehmen und öffentliche Instruktionen zu verringern, sowie Einkaufpreise für Konsumenten in der Schweiz zu senken. Dabei stehen insbesondere importierte Produkte und Dienstleistungen im Mittelpunkt, deren Preise in der Schweiz weit über denjenigen im Ausland liegen. Denn der Schweizer Markt wird durch international tätige Unternehmen oftmals vom Ausland abgeschottet, um in der Schweiz höhere Preise durchzusetzen und damit die hohe Zahlungsbereitschaft abzuschöpfen. Durch Verhinderung dieser Preisaufschläge sollen Schweizer Unternehmen im Inland wie auch in der Exportwirtschaft wettbewerbsfähiger werden. Auf der anderen Seite profitieren Konsumenten von tieferen Beschaffungskosten, was indirekt auch den Einkaufstourismus eindämmen wird.

 

Diese Ziele will die Initiative mit einer Änderung des Kartellrechts und einer neuen Regelung über den unlauteren Wettbewerb umsetzen. So soll neben marktbeherrschenden Unternehmen neu auch sogenannte relative marktmächtige Unternehmen von der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle erfasst werden. Auch will die Initiative den diskriminierungsfreien Einkauf im Online-Handel mittels eines Verbots von privatem Geoblocking erreichen.

 

Da der Bundesrat das Anliegen der Initiative grundsätzlich teilte, jedoch die Kosten für Bund, Kantone und Unternehmen tief halten sowie die Durchsetzungsschwierigkeiten im Ausland umgehen wollte, hat er einen indirekten Gegenvorschlag erstellt. In der Frühlingssession stimmte das Parlament dem Gegenvorschlag nach umkämpften Debatten zu. Zunächst wollte der Bundesrat auf die Regelung eines Verbots von Geoblocking verzichten, der Nationalrat setzte sich letztlich aber durch.

 

Verbot von Geoblocking für den diskriminierungsfreien Einkauf im Online-Handel

Die verabschiedete Regelung des Nationalrates sieht ein Verbot des privaten Geoblockings im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, um den diskriminierungsfreien Einkauf im Online-Handel grundsätzlich zu gewährleisten. Als Geoblocking bezeichnet man Massnahmen von Unternehmen, die den Zugang zu ihrem Online-Angebot aufgrund des Wohnsitzes oder Ortes der Niederlassung einschränken. Das Adjektiv «privat» dient dabei der Abgrenzung gegenüber staatlich angeordneten Geoblocking-Massnahmen, wie sie beispielsweise in Art. 86 des Geldspielgesetzes ausdrücklich vorgesehen sind.

 

Für die Erarbeitung der neuen Bestimmung unter Art. 3a revUWG diente die sogenannte EU-Geoblocking-Verordnung als Vorlage. Die neue Bestimmung besagt, dass im Freihandel ohne sachliche Rechtfertigung der Kunde in der Schweiz aufgrund der Nationalität, des Wohnortes oder Ortes der Niederlassung, des Sitzes des Zahlungsdienstleisters oder des Ausgabeortes seines Zahlungsmittels nicht

  • im Preis oder den anderen Zahlungsbedingungen diskriminiert;
  • im Zugang zu einer Website beschränkt bzw. blockiert; oder
  • ohne seine Einwilligung zu einer anderen Website weitergeleitet werden darf.

 

Insofern wird mit dieser Regelung bloss die unterschiedliche Behandlung bei Angeboten an Kunden in der Schweiz untersagt. Eine Pflicht zur Lieferung in die Schweiz besteht indes nicht. Auch statuiert der Gesetzgeber in Art. 3a Abs 2 revUWG zahlreiche Ausnahmen vom Verbot von Geoblocking, so zum Beispiel bei Dienstleitungen im Finanzbereich, im öffentlichen Verkehr oder bei Dienstleistungen nicht-wirtschaftlicher Art von allgemeinem Interesse.

 

Hierbei wird in der UWG-Regelung auf eine strafrechtliche Verfolgung und Sanktionierung verzichtet. Damit wird die Durchsetzung des Verbots von Geoblocking nur auf zivilrechtlichem Weg erfolgen.

 

Missbrauchsverbot auch für relativ marktmächtige Unternehmen

Sodann sieht die Revision des Kartellgesetzes (KG) vor, dass der Geltungsbereich bezüglich wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von marktbeherrschenden Unternehmen auf relativ marktmächtige Unternehmen ausgeweitet wird.

Dabei soll ein Unternehmen als relativ marktmächtig betrachtet werden, wenn andere Unternehmen in einer Weise von ihm abhängig sind, dass für diese keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, bei der Beschaffung oder beim Absatz auf andere Unternehmen auszuweichen. Die Regelung in Art. 4 Abs. 2bis revKG erfasst somit nur Unternehmen, da nur solche abhängig im Sinne des Regelungsvorschlags sein können. Nicht erfasst werden demnach Konsumenten sowie die öffentliche Hand, sofern diese nicht im Einzelfall als Unternehmen gilt.

 

Infolgedessen wird der Anwendungsbereich von Art. 7 KG und die davon erfassten Unternehmen stark erweitert, wohingegen die Rechtsunsicherheit, ob ein Unternehmen gemäss der Legaldefinition von Art. 4 Abs. 2 KG eine marktbeherrschende Stellung innehat, beseitigt wird.

 

Auch hier verzichtet der Gesetzgeber auf eine strafrechtliche Sanktionierung. Den relativ marktmächtigen Unternehmen droht jedoch das Risiko eines Zivilverfahrens und damit von Schadenersatzzahlungen.

 

Neuer Missbrauchstatbestand unter Art. 7 Abs. 2 lit. g revKG

Schliesslich wird mit Art. 7 Abs. 2 lit. g revKG ein weiterer Missbrauchstatbestand eingeführt. Demnach verhalten sich Lieferanten unrechtmässig, wenn sie durch Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt Abnehmern in der Schweiz daran hindern, Waren oder Dienstleistungen im Ausland nicht zu den dortigen Marktpreisen und branchenüblichen Bedingungen zu beziehen. Auch hier soll verhindert werden, dass der Kunde in der Schweiz beim Einkauf im Ausland diskriminiert wird.

 

Fazit und Ausblick

Die wesentlichen Forderungen der Initianten fanden im verabschiedeten Gegenvorschlag Gehör. Damit kommt zum ersten Mal das Verbot eines privaten Geoblockings in die Schweiz und die anhaltende Diskussion betreffend die Bedeutung der relativen Marktmacht ist beendet. Es wird sich zeigen, ob die Regelung zum Geoblocking eines Tages in einem E-Commerce-Gesetz Eingang finden. Insgesamt stellt die Verabschiedung ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die «Hochpreisinsel Schweiz» dar.

 

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