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Im heutigen, zweiten Teil dieser Artikel Trilogie wird die künftige Regulatorik unter MiCA dargestellt. Zunächst wird dabei ein Überblick über die Regelungen des Gesetzes insgesamt gegeben, bevor dann auf die ICO-relevanten Regelungen eingegangen wird.

Im letzten und dritten Teil wird dann eine Aussicht auf die Entwicklung von ICOs nach MiCA gegeben.

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II. Künftige Regulatorik unter MiCA

Die Blockchain wurde auf der Idee von Dezentralisierung und Unabhängigkeit von staatlicher Regulierung erschaffen. Auf der Blockchain basierende Produkte allerdings sind heutzutage zunehmend stärker in die existierenden Finanzsysteme integriert, so dass ohne seine Regulierung in Zukunft das Bestehen ebendieser elementar gefährdet werden kann. Wie die letzten Monate mit ihren zahlreichen Pleiten von großen Krypto-Unternehmen[1] eindrucksvoll bewiesen haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Risiken der mangelnden Regulatorik realisieren und viele Existenzen, vor allem von Verbrauchern, gefährden. Daher gibt es wohl keine passendere Zeit als die jetzige, MiCA zu erlassen.

Durch die EU-Verordnung MiCA („Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates on Markets in Crypto-assets, and amending Directive (EU) 2019/1937“) wird nun ein EU-weiter Rahmen für Kryptowerte geschaffen. Die Verordnung wird am 20. April 2023 verabschiedet und 18 Monate später in Kraft treten.

  1. Allgemein

MiCA beschäftigt sich in Titel I mit dem Gegenstand, dem Anwendungsbereich und der Begriffsbestimmung, in Titel II mit allen Token, die nicht wertreferenzierte- oder E-Geld-Token sind und Titel III-IV mit den wertreferenzierten und E-Geld-Token. Titel V-IX decken anschließend die Zulassung und die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit eines Anbieters von Krypto-Dienstleistungen, die zuständigen Behörden, EBA (European Banking Authority) und ESMA (European Securities und Markets Authority), delegierte Rechtsakte und Durchführungsakte und die Übergangs- und Schlussbestimmungen ab.

Ziel dieser Verordnung ist es, das Innovations- und Wettbewerbspotenzial des digitalen Finanzwesens weiter zu fördern und dabei die Risiken für Verbraucher, Anleger und die Finanz- und Geldpolitik zu minimieren.

Wichtig ist zu erwähnen, dass die Verordnung gemäß Art. 2 Abs.2 a) MiCA nicht für Finanzinstrumente im Sinne von Art.4 Abs.1 Nr.15 MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU) gilt. Dies betrifft insbesondere Security-Token, die von der BaFin als solche qualifiziert worden sind.[2]

Ähnliches gilt auch für NFTs (non-fungible tokens). Diese werden zwar nicht völlig vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossen. Solange sie aber einzigartig und fungibel, also austauschbar, sind, gelten für sie gemäß Gründe Abs. 15 und Art.4 Abs.2 c) MiCA die für die Erstellung und Veröffentlichung eines Kryptowert-Whitepapers geltenden Anforderungen nicht.

Weitere Ausnahmen gelten für zugelassene Kreditinstitute und Wertpapierfirmen[3] sowie für Rewards bei Proof-of-Work bzw. Proof-of-Stake Konsensmechanismen.[4]

  1. ICO-relevante Regelungen

Gemäß 1.4.2. des Finanzbogens zu Rechtsakten ist es ein spezifisches Ziel der Verordnung, dass die Finanzierungsquellen für Unternehmen durch eine vermehrte Ausgabe neuer Kryptowährungen im Rahmen der ICOs (Initial Coin Offering) und tokenisierter Vermögenswerte im Rahmen der STO (Security Token Offering) erweitert werden. Dies soll durch Schaffung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für ebendiese erreicht werden.

Das wichtigste Instrument hierfür sind dabei die Whitepaper-Regelungen. Gemäß Art.4 Abs.1 MiCA ist es Emittenten verboten, Kryptowerte[5] öffentlich anzubieten oder eine Zulassung dieser zum Handel auf einer Handelsplattform für Kryptowerte anzubieten, wenn sie kein Kryptowert-Whitepaper erstellt, notifiziert und veröffentlicht haben. Das Whitepaper hat die in Art.5 Abs.1 MiCA geforderten Informationen zu enthalten, wie z.B. eine detaillierte Beschreibung des Projekts, des Emittenten und der beteiligten Akteure sowie Informationen über die zugrundeliegenden Technologien und Risiken. Weiterhin müssen die Informationen gemäß Art.5 Abs.2 fair, eindeutig und nicht irreführend sein. Im Whitepaper dürfen gemäß Art. 5 Abs.4 MiCA außerdem keine Aussagen über den künftigen Wert der Kryptowerte enthalten, wenn der künftige Wert nicht durch den Emittenten garantiert werden kann. Durch diese Regelungen muss der Emittent gewisse Informationen offenlegen und bei Bedarf dauernd aktualisieren. Zur Verbraucherfreundlichkeit hat das Whitepaper außerdem eine in knapper und nichttechnischer Sprache verfasste Zusammenfassung der wesentlichen Informationen zu enthalten.

Der Emittent haftet gemäß Art.14 Abs.1 MiCA für die im Whitepaper veröffentlichten Informationen. Die Nachweispflicht für unvollständige, unfaire, uneindeutige oder irreführende Informationen, die gegen Art.5 MiCA verstoßen, liegt gemäß Art. 14 Abs.2 MiCA allerdings beim Inhaber der Kryptowerte.

Whitepaper ähneln also von der Idee her einem Prospekt bei einem IPO. Doch im Unterschied zu diesem, müssen gemäß Art. 7 ABs.1 MiCA die Whitepaper nicht von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Verantwortlich und haftbar ist nur der Emittent. Lediglich eine Notifizierung der zuständigen Behörde spätestens 20 Arbeitstage vor Veröffentlichung des Whitepapers ist gemäß Art. 7 Abs.2 MiCA erforderlich.

Neben den Regelungen zu Whitepapern werden auch Marketing-Mitteilungen zu einem öffentlichen Angebot von Kryptowerten oder ihre Zulassung zum Handel auf einer Handelsplattform der Emittenten in Art. 6 MiCA geregelt.

Nachdem die EU bisher im Krypto-Bereich ein regulatorischer Flickenteppich war, wird nun auch das Krypto-Äquivalent zum bestehenden EU-Passporting[6] eingeführt. Gemäß Art. 15 Abs.5 MiCA sind die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedsstaates erteilten Zulassungen der Emittenten zum Handel auf einer Handelsplattform für die gesamte Union gültig. Das Verfahren zum Krypto-Passporting ähnelt dabei dem des bestehenden EU-Passportings.

Des Weiteren verfügen Verbraucher nun gemäß Art. 12 Abs. 1 MiCA gegenüber den Emittenten über ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen. Danach können Verbraucher innerhalb dieser Frist ohne Kosten und ohne Angaben von Gründen ihre Zustimmung zum Kauf widerrufen und bekommen ihre Zahlungen inklusive etwaiger Gebühren unverzüglich, spätestens aber nach 14 Tagen, zurück.

Zuletzt wird in TITEL VI, Art. 76 ff. MiCA auch ein Verbot für Insidergeschäfte und Marktmissbrauch für Handlungen im Zusammenhang mit Kryptowerten festgelegt. Danach sind die Offenlegung von Insiderinformationen, Insidergeschäfte und Marktmanipulation, ähnlich der bereits bestehenden Regelungen im Kapitalmarktbereich, verboten.

Die Verordnung ist auch kein zahnloser Tiger. Der EBA, also der Europäischen Bankaufsichtsbehörde, stehen in Art. 1112 ff. MiCA eine Reihe von Maßnahmen (u.a. Geldbußen und Zwangsgelder) zur Verfügung, um die Einhaltung der Verordnung effektiv durchsetzen zu können.

Europäische Behörden wie die ESMA erwarten[7], dass auch in Zukunft service provider außerhalb der EU und damit außerhalb des Geltungsbereiches von MiCA, die dominante Rolle im Kryptomarkt spielen werden. Die Zusammenarbeit mit Drittländern ist daher auch in Art.90 MiCA festgelegt.

Fußnoten:

[1] Beispiele: FTX, Celsius Network, Voyager Digital, BlockFi, 3AC (Three Arrows Capital).

[2] s. S. 6 des zweiten Hinweisschreibens der BaFin zu Prospekt- und Erlaubnispflichten im Zusammenhang mit der Ausgabe sog. Krypto-Token, GZ: WA 51-Wp 7100-2019/0011 und IF 1-AZB 1505-2019/0003.

[3] Bsp.: Gründe Abs. 54 MiCA, Art. 2 Abs.4, 6 MiCA.

[4] s. Art.4 Abs.2 b) MiCA.

[5] (gemeint sind hier und im folgenden Kryptowerte, die keine wertreferenzierten Token oder E-Geld-Token sind)

[6] Outgoing-Pass aus Sicht eines in Deutschland ansässigen Unternehmens gem. § 24a KWG, § 38 ZAG, §§ 70-72 WpIG, s. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Passporting/passporting_node.html.

[7] Opening Statement der ESMA vor dem Economic and Monetary Affairs Committee vom 30.11.2022, ESMA50-164-6905.